Zwei Teile des Wunders sind geschafft

Die Eisbären Berlin gleichen im Kampf um den Eishockeytitel die Finalserie gegen München aus - und fahren selbstbewusst zum letzten Spiel

Schon zwei Stunden vor dem Anpfiff gab es ein heftiges Gedränge an den Eingängen der Arena am Ostbahnhof. Auch Uwe Schneider, einen Steinwurf vom Wellblechpalast in Hohenschönhausen zu Hause und seit mehr als 30 Jahren Dynamo- und Eisbärenfan, war frühzeitig gekommen und optimistisch: »Unsere Jungs werden das siebente Finalspiel erzwingen. Und dann hilft vielleicht der Eishockeygott weiter«, meinte der 59-Jährige im Trikot der Eisbären-Legende Sven Felski.

Tatsächlich schafften die Eisbären schon zwei Teile des erhofften Wunders. Nach dem furiosen 6:5-Erfolg nach Verlängerung am Sonntag in München glichen sie mit dem 5:3-Heimsieg im sechsten Finalspiel zum 3:3 aus. Das hatte es in der Geschichte der Deutschen Eishockey-Liga seit ihrer Gründung 1994 noch nie gegeben. Und in der »Best of seven«-Serie, die in der Saison 2013/2014 eingeführt wurde, gab es erst eine Titelentscheidung nach sieben Spielen: im Premierenjahr durch Ingolstadt mit 4:3 gegen Köln.

Nun sind die Berliner dabei, dieser Einmaligkeit noch eins draufzusetzen. »Jetzt sind wir so nah dran, da wollen wir natürlich gewinnen«, meinte Stürmer Daniel Fischbuch, dem zuvor mit dem 4:1 am Dienstagabend sein erster Treffer in den Playoffs 2018 gelungen war.

Berlins Trainer Uwe Krupp gab sich hingegen wie gewohnt zurückhaltend: »Die Jungs haben heute einen tollen Job gemacht. Wir haben mit viel Energie und großem Einsatz gespielt und uns zurück in die Serie gekämpft.« Im nun folgenden Alles-oder-Nichts-Spiel zweier so starker Mannschaften könne man keine Prognose abgeben. »Da werden am Donnerstag in München Kleinigkeiten entscheiden. Aber wir sind auf einem guten Weg«, blickte Krupp nach vorn.

Auf diesem guten Weg waren die Berliner schon am Dienstagabend vor 14 200 Fans. Mit Powereishockey überrollten sie im ersten Drittel die Bayern. Der Lohn: eine schnelle 1:0-Führung nach 3:38 Minuten. In der Folgezeit dominierten sie mit 16:4 Torschüssen den Gegner, so dass der 1:1-Pausenstand den Spielverlauf eigentlich auf den Kopf stellte.

Aber das irritierte die diesmal auch in den Zweikämpfen starken Gastgeber nicht. Mit dem 2:1 nur 2:04 Minuten nach der ersten Drittelpause stellten sie die Weichen auf Sieg. Als dann 12 Sekunden nach der zweiten Drittelpause auch noch der überragende Jamie MacQueen - schon Siegtorschütze zum 6:5 in München am Sonntag -, auf 3:1 und kurz danach Fischbuch (45.) auf 4:1 erhöhten, war die Vorentscheidung in Finalspiel sechs gefallen.

Die Münchner kamen nie richtig ins Spiel, wirkten verunsichert, nervös und etwas mutlos. Sie rieben sich immer wieder am Gegner auf. So wurde Stürmer Steven Pinizzotto für seine gewohnt vielen Provokationen hinausgestellt, und der zweifache Torschütze Konrad Abeltshauser bekam eine zehnminütige Disziplinarstrafe, weil er sich mit den tatsächlich nicht immer souveränen Schiedsrichtern anlegte. Münchens Nationalspieler Patrick Hager räumte denn auch ein: »Wir haben uns nicht auf das Wichtige konzentriert und waren in den entscheidenden Momenten nicht aggressiv genug. Das werden wir analysieren und versuchen, am Donnerstag zurückzuschlagen.«

Münchens Trainer Don Jackson, der mit den Eisbären fünf und mit den Bullen bislang zwei Meistertitel feierte und mit ihnen nun den Titel-Hattrick anstrebt, vermied es, beim Showdown noch vom »Heimvorteil« zu sprechen. Doch der Trainerfuchs wird sich etwas einfallen lassen, um die auf einer Erfolgswelle schwimmenden Berliner auszubremsen.

Die Eisbären aber sind heiß und wollen nach dem letzten Titelgewinn 2013 endlich die achte Meisterschaft nach Berlin holen. Kapitän André Rankel wagte sich ein Stück vor: »Wir haben heute ein gutes Spiel gemacht, druckvoll und aggressiv von der ersten Minute an. Wir sind eine gute Mannschaft und fahren mit einem guten Gefühl nach München.« Für alle Fans, die nicht mitkommen können, wird in der Heimarena am Ostbahnhof ein Public Viewing angeboten. »Ich werde wieder hier sein«, sagte Eisbärenfan Uwe Schneider, der sich sogleich für das 5-Euro-Ticket am Mittwoch an der Kasse anstellte. Und wie auch immer das letzte Spiel ausgeht: Am Sonnabend gibt es für alle Fans den Saisonabschluss ab 16 Uhr wieder hier.

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