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Zum Beispiel BASF - zwischen Verantwortung und Ignoranz!

Ein Sammelband wirft ein Schlaglicht auf das Gebaren des deutschen Chemiekonzerns

  • Knut Henkel
  • Lesedauer: 4 Min.

Marikana heißt eine zu trauriger Berühmtheit gelangte südafrikanische Platin-Mine. Im August 2012 wurden dort 34 südafrikanische Bergarbeiter von der Polizei erschossen. Ihr Vergehen: Sie hatten für höhere Löhne die Arbeit beim britischen Bergbauunternehmen Lonmin niedergelegt. Von der blutigen Niederschlagung der Proteste profitiert auch der deutsche BASF-Konzern, Großabnehmer von Platin bei Lonmin. Grund genug für die Autoren von «Zum Beispiel BASF» die Hintergründe des Massakers, die Geschichte der deutsch-südafrikanischen Rohstoffallianz sowie die Verantwortung des BASF-Konzerns unter die Lupe zu nehmen.

Aktive Ignoranz wirft Dumisa Ntsebeza, einer der Anwälte der erschossenen Minenarbeiter von Marikana, den BASF-Verantwortlichen vor: «Sie müssen blind sein. Blind für das Elend, in dem die Minenarbeiter von Lonmin leben. Sie machen es wie der berühmte Vogel Strauß, der seinen Kopf in den Stand steckt und so tut, als würde er nichts sehen.» Doch was hätten die Firmenvertreter von BASF bei ihren Besuchen in Südafrika bei ihrem langjährigen Handelspartner Lonmin, von dem sie alljährlich durchschnittlich Platin für 650 Millionen US-Dollar beziehen, sehen müssen?

Dass die Arbeiter in der gesamten Platinabbauregion in der südafrikanischen Nordwest-Provinz unter «miserablen Lebensbedingungen» leben mussten, dass ihre Forderungen von ihrem Arbeitgeber, eben Lonmin, schlicht ignoriert wurden, schreibt Bischof Jo Seoka in seinem Vorwort zu «Zum Beispiel BASF». Das Buch «Über Konzernmacht und Menschenrechte», so der Untertitel, erschien pünktlich zur BASF-Hauptversammlung am 4. Mai 2018 und stellt die Frage nach der Verantwortung eines deutschen platinverarbeitenden Konzerns an einem Massaker in Südafrika. Was hat ein Unternehmen, das im Jahr 2000 als Gründungsmitglied des UN Global Compact auftrat und sich verpflichtete, entlang seiner Lieferketten soziale und ökologische Mindeststandards einzuhalten, für eine Verantwortung, wenn es um die Arbeitsbedingungen bei einem seiner langjährigen zentralen Zulieferer geht?

Lonmin ist drittgrößter Platinproduzent der Welt, hat neben der BASF mit Mitsubishi nur noch einen weiteren Großabnehmer von Platin, sodass man meinen könnte, dass das deutsche Chemieunternehmen mit Stammsitz Ludwigshafen auf den Lieferanten hätte einwirken können. Zum Beispiel, die Arbeitsbedingungen unter Tage genauso wie die Lebensbedingungen über Tage in den Baracken-Siedlungen rund um die Mine Marikana zu verbessern?

Lange bekannt waren die hohe Unfallquote unter Tage, die zu niedrigen Löhne für die Arbeiter und die fehlende Infrastruktur rund um die Mine. Daran hätte Lonmin im Einklang mit dem gesetzlich fixierten «Social and Labor Plan (SLP) längst etwas ändern müssen und wie zugesagt 5500 neue Häuser bis 2011 bauen müssen, um für ausreichend Unterkünfte zu sorgen. Doch mehr als drei Musterhäuser sind nie gebaut worden, so weisen die Mit-Herausgeber Maren Grimm und Jakob Krameritsch in einem ihren Beiträge nach. Fakten, die dem seit Jahrzehnten in Südafrika agierenden Ludwigshafener Unternehmen durchaus hätten bekannt sein können. Gleichwohl wies der BASF-CEO Kurt Bock auf der Hauptversammlung 2015 auf die fehlende Handlungsmacht und geringe Kenntnis der lokalen Gegebenheiten hin. Für ein Konzern, der wie die BASF schon seit den 1950er Jahren in Südafrika aktiv ist, wie der Beitrag über die »Profiteure des Apartheidsystems« nachzeichnet, wenig glaubwürdige Ausflüchte.

Diesen und der Frage, warum BASF sich auf der eigenen Homepage zum verantwortungsvollen Wirtschaften und zum UN Global Compact bekennt, gehen die Autoren des Sammelbandes nach. Darunter Rohstoffexperten wie Michael Reckordt von Powershift e.V. sowie María do Mar Castro Varela, die die Rede vom BASF-CEO analysiert. Doch nicht nur Experten, die sich mit den Grenzen der Freiwilligkeit im Kontext der unternehmerischen Selbstverpflichtung beschäftigen, kommen in »Zum Beispiel BASF« zu Wort, sondern auch die Witwen der ermordeten Arbeiter aus Marikana. Abschließend wird auch die Frage gestellt, weshalb die Medien in Deutschland die Verantwortung des Chemiekonzerns aus Ludwigshafen bisher nicht oder nur sehr partiell zum Thema gemacht haben. Ein Buch, das viele Fragen aufwirft und en detail am Beispiel zweier international agierender Konzerne wie Lonmin und BASF aufzeigt, weshalb nicht nur im Bergbau verbindliche Menschenrechts-, Arbeitsrechts- und Umweltstandards überfällig sind.

Zum Beispiel BASF: Über Konzernmacht und Menschenrechte, herausgegeben von Britta Becker, Maren Grimm und Jakob Krameritsch. 450 Seiten, 26,90 Euro. Mandelbaum Verlag. Online frei verfügbar

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