Gierige Skigebiete sperren Schlittenfahrer aus

Lifttickets zum Skifahren sind teuer, Rodeln ist dagegen umsonst

  • Barbara Barkhausen, Sydney
  • Lesedauer: 3 Min.

Australien ist bekannt für seinen sogenannten Nanny-Staat: Die Behörden regulieren gerne und viel - sei es beim Alkoholkonsum, beim Rauchen oder Fahrradfahren. Doch ein neues Verbot im Bundesstaat New South Wales, in dem auch Sydney liegt, erregt derzeit selbst die Gemüter der regeltreuen Australier.

Denn die bekannten Skigebiete in Thredbo und Perisher, beide in den Snowy Mountains, etwa fünfeinhalb Autostunden südwestlich von Sydney gelegen, erweisen sich derzeit als ernsthafte Spiel- und Spaßverderber. So haben beide Skiresorts das Schlittenfahren verboten - eine Woche vor Saisonstart, die in Australien im Juni beginnt.

Thredbo hat auf seiner Internetseite das Bild einer Rodlerin - mit einem dicken roten Balken darüber. Die Begründung für das Verbot ist, dass Rodeln zu gefährlich sei und zu vielen Verletzungen führe, wenn Schlittenfahrer ineinanderfahren, vom Schlitten fallen oder mit Menschen oder Objekten zusammenstoßen würden. Letzteres bestätigen offizielle Daten nicht. Eine Studie der Monash Universität in Melbourne aus dem Jahr 2007 kam zu dem Schluss, dass während des dreijährigen Untersuchungszeitraumes nur etwa fünf Prozent aller Patienten, die sich beim Schneesport verletzten, Schlittenfahrer waren. Allerdings ist im September 2016 ein Student beim Schlittenfahren in Australien ums Leben gekommen, da er nachts unterwegs war und dabei an einen Baum fuhr.

Enttäuschte Schneeliebhaber hielten ihren Unmut gegenüber den Skigebieten nicht zurück. Sie warfen den Resorts vor, die Schlitten deswegen zu verbannen, weil damit kein Geld verdient werden könne. Beim Skifahren dagegen würden die Resorts kräftig absahnen. In Thredbo wird ein Liftticket dieses Jahr 127 australische Dollar (82 Euro) pro Tag kosten.

»Rodeln ist eine der billigsten und am leichtesten zugänglichen Spaßaktivitäten im Schnee«, sagt ein Mann. »Skifahren dagegen ist für die Reichen.« Familien verweisen vor allem auf die kleineren Kinder unter drei Jahren, für die das Schlittenfahren bisher der größte Spaß im Skigebiet war, weil sie noch nicht mit älteren Geschwistern in die Skischule gehen können. »Bieten Sie denn nun andere Spieloptionen im Schnee an, jetzt, wo sie das Schlittenfahren verbannt haben?«, fragt eine Frau auf der Facebookseite des Skigebietes. »Skifahren und Snowboarding sind ebenfalls gefährlich, aber ich vermute, Rodeln ist nicht ausreichend profitabel für das Resort!« Andere sind noch deutlicher und nennen die Aktion typisch für einen »Nanny-Staat«. Manche applaudieren dem Resort jedoch auch und schreiben, der Ort sei zu klein, und zu viele hätten Schlitten auch in Teilbereiche der Skipisten gebracht und Skifahrer gefährdet.

Australien hat allerdings bereits häufiger schon mit extrem erscheinenden Kontrollmaßnahmen Schlagzeilen gemacht. So vergab ein Kindergarten im Juni 2016 Waffenlizenzen an seine Schützlinge, falls sie mit Plastik- oder Holzgewehren spielen wollten. Die Maßnahme sollte den Vorschulkindern den richtigen Umgang mit Waffen beibringen.

2013 machte eine Regulierung Schlagzeilen, die bestimmte, dass australische Kinder im Kindergarten keine Kerzen mehr auf ihrem Geburtstagskuchen ausblasen sollten. Dies hatte nichts mit Brandschutzbestimmungen zu tun, sondern es ging darum, die Ausbreitung von Keimen zu verhindern. Gemäß Empfehlung des Nationalen Gesundheitsrates sollten Kinder viele kleine Kuchen und einen separaten mit Kerze für das Geburtstagskind mitbringen.

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