Ein Zeichen über Hessens Grenzen hinaus

Eine breite Initiative will den Einzug der AfD in den Wiesbadener Landtag verhindern

  • Hans-Gerd Öfinger, Wiesbaden
  • Lesedauer: 3 Min.

Gut vier Monate vor der hessischen Landtagswahl am 28. Oktober hat sich eine Initiative aus Gewerkschaftern, Politikern, Wissenschaftlern, Kulturschaffenden und etlichen Einzelpersonen das Ziel gesetzt, den Einzug der Rechtspartei AfD in den Wiesbadener Landtag zu verhindern.

Angesichts eines aktuellen AfD-Umfragewerts von 15 Prozent, den Infratest Dimap im Auftrag des Hessischen Rundfunks (HR) in den vergangenen Tagen ermittelt hat, erscheint diese Zielsetzung sehr ehrgeizig. Dennoch gibt sich Ulrike Eifler, DGB-Vorsitzende in Südosthessen und Mitinitiatorin des Aufrufs »AfD im Landtag - Wir sagen Nein«, zuversichtlich. Auch bei der Landtagswahl 2017 in Schleswig-Holstein habe die Rechtspartei mit 5,9 Prozent deutlich schwächer abgeschnitten als wenige Monate zuvor in den Umfragen. Im Saarland und in Niedersachsen habe zudem die AfD bei den Landtagswahlen 2017 jeweils lediglich 6,2 Prozent erreicht. Sie sei im Westen »nicht so mobilisierungsfähig wie im Osten«.

Angesichts von drei bevorstehenden Landtagswahlen in ostdeutschen Bundesländern und der EU-Wahl im kommenden Jahr sei es wichtig, dass die AfD »angeschlagen« in das neue Jahr gehe. Daher sei ein klares Zeichen bei der Hessenwahl am 28. Oktober wichtig, die der letzte Urnengang in einem Bundesland im Jahr 2018 sei. »Ein Scheitern der AfD würde sie über Hessens Grenzen hinaus empfindlich schwächen«, ist Eifler überzeugt.

Die Kampagne »AfD im Landtag - Wir sagen Nein« sieht sich als Netzwerk von bestehenden örtlichen Initiativen und setzt im anlaufenden Wahlkampf auf Fakten, Zahlen und Argumente, um potenzielle AfD-Wähler von einer Stimme für die Rechtspartei abzubringen. Die AfD sei laut Eifler eine rassistische Partei mit einem erstarkenden faschistischen Flügel und habe durch ihr Stimmverhalten in vielen Landtagen gezeigt, dass sie für anhaltenden sozialen Kahlschlag und Abbau von Arbeitnehmerrechten stehe. So habe sie sich in etwa in Thüringen für eine weitere Öffnung des Ladenschlussgesetzes und in Berlin für eine Verankerung der Schuldenbremse in der Landesverfassung stark gemacht.

In ihrem Steuerkonzept fordere die AfD eine Entlastung von Reichen und damit staatliche Einnahmeverluste im zweistelligen Milliardenbereich, kritisiert Eifler. »Rassismus hat noch nie dazu geführt, dass Mietwucher gestoppt, bessere Schulen oder mehr Kitas gebaut wurden oder dass es Erwerbslosen besser ging.« Hessen brauche keine Sündenböcke, sondern eine solidarische Politik, so die Gewerkschafterin.

Auf der Website www.keine-afd-im-landtag.de wird Informationsmaterial und ein Referentenpool angeboten. Hier können Interessierte den Aufruf unterschreiben und Termine für Veranstaltungen erfahren. Neben einer landesweiten Protestaktion gegen den Wahlkampfauftakt der AfD am 19. August in Wiesbaden und einer Aktionskonferenz in Frankfurt am Main Anfang September setzt die Kampagne auf dezentrale Aktivitäten und Aufklärungsarbeit in Stadt wie Land. Aktivisten wird empfohlen, AfD-Infostände mit Müllsäcken zu besuchen und das rechte Informationsmaterial fachgerecht zu entsorgen.

Neben der Kampagne gegen die AfD sind in den kommenden Monaten hessenweit auch weitere Aktivitäten geplant. Dazu gehört etwa eine Veranstaltungsreihe zum Thema »Rechtspopulismus - Herausforderungen in und für Hessen und Europa«, die der Hessische Landesausländerbeirat (AGAH) in Zusammenarbeit mit der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung (HLZ) und verschiedenen kommunalen Ausländerbeiräten durchführen wird.

Die aktuelle Infratest Dimap-Umfrage rückt ein künftiges Sechs-Parteien-Parlament in Hessen mit Fraktionen von CDU, SPD, Grünen, Linkspartei, FDP und AfD in den Bereich des Möglichen. Unterdessen kämpft die SPD angesichts einer mageren 22-Prozent-Prognose derzeit verbissen gegen einen drohenden neuen historischen Tiefstand. Sie setzt auf das Thema Wohnungsnot und sucht die Nähe zu den Gewerkschaften. Dieser Tage hat sie im Landtag einen Untersuchungsausschuss durchgesetzt, der kurz vor dem Urnengang im Oktober die umstrittene Vergabepraxis des CDU-geführten Innenministeriums beim Kauf einer Analysesoftware zur Terrorbekämpfung und bei Abschleppaufträgen der Polizei unter die Lupe nehmen soll.

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