Niemand hat ein Ultimatum gestellt

Die Töne im Asylstreit zwischen der CDU und der CSU werden versöhnlicher

Einiges deutet darauf hin, dass es im Streit zwischen der CSU und der CDU am Ende der Woche nicht zum ganz große Krach kommt. Beide Parteien scheinen zurück zu einer gemeinsamen Arbeitsebene gefunden zu haben, nachdem es zwischenzeitlich Befürchtungen gab, dass das Verhältnis zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem Innenminister Horst Seehofer (CSU) völlig zerrüttet ist. Am Dienstagnachmittag tagte erstmals wieder die Fraktion gemeinsam und am Abend sollte der Koalitionsausschuss zusammenkommen, in dem die Unionsparteien zusammen mit der SPD über den Streit um die Asylpolitik sprechen wollten.

Vor dem Treffen waren die Töne merklich freundlicher. CSU-Generalsekretär Markus Blume erklärte seinen Wunsch, wieder zur Normalität zurückzukehren und versicherte: »Es gibt niemanden von uns, der die Gemeinschaft der Union in Zweifel zieht oder die Regierung in Frage stellt.« Auch die Kanzlerin wolle die CSU keinesfalls stürzen. »Diese Frage wird nicht von uns gestellt«, sagte er. »Das ist auch nicht unsere Debatte. Für uns geht es um eine Sachfrage.«

Die ist hinlänglich bekannt. Horst Seehofer möchte jene Flüchtlinge nicht mehr ins Land lassen, die bereits in einem anderen EU-Staat einen Asylantrag gestellt haben. Im vergangenen Jahr waren 60 000 Geflüchtete mit ihren Fingerabdrücken bereits in einem anderen europäischen Land registriert. Und in dieser Frage zeigte der Innenminister sich auch weiterhin unnachgiebig, wenngleich er betonte, auf eine europäische Einigung zu hoffen, die Merkel anstrebt. Als Ultimatum will er seine Ankündigung, notfalls eigenmächtig die Grenzen zu schließen, wenn es keine europäische Lösung geben sollte, jedenfalls nicht verstanden wissen . Darauf wies Seehofer in den vergangenen Tagen mehrere Male hin.

Letztlich war es auch Merkel, die eine Rote Linie setzte, indem sie auf ihre Richtlinienkompetenz als Kanzlerin verwies. Käme es wirklich zum Seehofer-Alleingang, würde dies eine Kettenreaktion auslösen, deren Folgen niemand abschätzen könnte: Der Innenminister würde entlassen werden, das Unionsbündnis auseinander brechen, die Große Koalition auch. Bei Neuwahlen würden mit ziemlicher Sicherheit beide Parteien verlieren.

Die offizielle Lesart heißt daher: Die Kanzlerin habe Seehofer darum gebeten, 14 Tage Zeit zu bekommen, um eine europäische Lösung voranzubringen. Doch die zu erreichen, ist nicht leicht. Merkel möchte die Rücknahme von Asylbewerbern über bilateralen Abkommen mit EU-Staaten klären. Doch bislang zeigte sich lediglich Frankreich dazu bereit.

Zu einem Kompromiss regte nun Armin Schuster an: Der CDU-Innenexperte brachte ein Fünf-Punkte-Konzept in die Diskussion ein, das den Christsozialen entgegenkommt, ohne komplett zu Schlagbäumen zurückzukehren. Der Schuster-Plan sieht vor, nur wenige Grenzübergänge stationär zu kontrollieren und anstelle dessen die Fahndung nach unerlaubt Eingereisten bis 30 Kilometer hinter der Grenze zu intensivieren. Werden Flüchtlinge aufgegriffen, sollen sie in AnKER-Zentren gebracht werden. Ist geklärt, welches Land für sie zuständig ist, könnten sie umgehend abgeschoben werden. Der Vorschlag würde die Freizügigkeit im Schengen-Raum, auf den es der Kanzlerin sehr ankommt, nur wenig einschränken, aber für Flüchtlinge die Einreise ins Land erheblich erschweren.

Ob ein solcher Vorschlag mehrheitsfähig ist, liegt freilich nicht nur an der Union, sondern auch an der SPD als Koalitionspartner. Die hielt sich in dem unionsinternen Machtkampf bislang zurück, betonte allenfalls, nicht als Therapeutin zur Verfügung zu stehen.

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