Der unerklärte Krieg gegen Syrien

Erneut israelische Raketen auf Flughafen Damaskus / Weiter Kämpfe um Deraa

  • Karin Leukefeld
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Dienstagmorgen hat die israelische Luftwaffe erneut den Internationalen Flughafen von Damaskus angegriffen. Nach syrischen Angaben schlugen zwei Raketen ein, Personen seien nicht zu Schaden gekommen. Weitere Informationen gab es dazu von syrischer Seite nicht.

Ausländischen und geheimdienstlichen Quellen zufolge soll das Ziel ein Waffenlager der libanesischen Hisbollah oder eine »militärische Einrichtung in der Nähe des Flughafens« gewesen sein. Andere Quellen behaupten, zwei Raketen hätten bereits am Montagnachmittag ein iranisches Frachtflugzeug getroffen, das auf dem Flughafen entladen worden sei.

Angeblich sollen die beiden Raketen von israelischen Kampfjets aus dem Luftraum der von Israel annektierten syrischen Golanhöhen abgeschossen worden sein. Die syrische Luftabwehr habe reagiert, und es seien Explosionen zu hören gewesen.

Seit Beginn des Krieges in Syrien 2011 hat Israel Syrien mehr als 100 Mal mit Raketen angegriffen. Wie gewöhnlich wurden die Angriffe von den israelischen Verteidigungsstreitkräften weder dementiert noch bestätigt.

Die Luftüberfälle finden statt, ohne dass Syrien oder dessen Verbündete Israel angegriffen hätten und sind daher als völkerrechtswidrige Aggression Israels gegen Syrien zu werten. Als Mitte Mai Raketen aus Syrien auf israelische Armeestellungen auf den von Israel besetzten syrischen Golanhöhen abgefeuert wurden, schoss Israel 70 Raketen zurück. Man habe Stellungen der iranischen Revolutionsgarden angegriffen und vernichtet, so der israelische Verteidigungsminister Avigdor Lieberman damals. Sowohl Iran als auch Syrien bestreiten eine iranische Truppenpräsenz in Syrien. Iran unterstütze die syrische Armee lediglich mit Militärberatern, erklärte der syrische Präsident Baschar al-Assad kürzlich in Interviews mit britischen und russischen Medien.

Von syrischer Seite wurden die erneuten Raketenangriffe Israels in der Nacht zum Dienstag als Unterstützung für die regierungsfeindlichen Kampfverbände im Südwesten Syriens gewertet. In den Provinzen Deraa, Qunaitra auf dem Golan und Sweida fordert die syrische Armee seit Wochen die Milizen auf, ihre Waffen niederzulegen und ein Waffenstillstands- und Amnestieabkommen mit der syrischen Regierung zu unterzeichnen. Sollte das nicht geschehen, werde die syrische Armee das Gebiet militärisch befreien.

Es handelt sich vor allem um die Provinzen Deraa und Qunaitra, die an Jordanien und an die von Israel besetzten Golanhöhen bzw. an die von UN-Blauhelmen kontrollierte Pufferzone auf dem Golan grenzen. Seit 2011 waren hier Kämpfer der »Freien Syrischen Armee« (FSA), des Islamischen Staates und der Nusra-Front, dem syrischen Ableger von Al Qaida aktiv. Sie vertrieben die lokalen Bewohner, die nicht mit ihnen kooperierten, entführten UN-Blauhelme und vereinnahmten deren Stützpunkte und Waffen. Heute werden die rund 15 000 verbliebenen Rebellen vor allem von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Israel unterstützt. US-Präsident Donald Trump hatte Ende 2017 die CIA angewiesen, ein Unterstützungsprogramm für die Kampfverbände der »Südlichen Front« einzustellen.

In einem Schreiben an deren Führer empfahl die US-Botschaft in Amman am Sonnabend, über ihre Zukunft nachzudenken. Die USA hätten zwar Russland und Syrien aufgefordert, keine militärische Offensive im Südwesten Syriens zu starten. Sollten sie es dennoch tun, könnten die Angegriffenen von der US-Allianz keine Unterstützung erwarten, hieß es in dem öffentlich gewordenen Schreiben. Am Sonntag erklärten daraufhin rund 900 FSA-Kämpfer, sie würden ab sofort an der Seite der syrischen Armee gegen die verbliebenen terroristischen Gruppen in Deraa und Qunaitra kämpfen.

Mit russischer und syrischer Luftunterstützung rückt die syrische Armee mit ihren Verbündeten seit Montag durch die Ledja, ein schwer zugängliches Hochplateau aus Basalt- und Vulkanstein in Richtung Deraa vor. Das zwischen Jordanien, Russland und den USA vereinbarte Deeskalationsabkommen für den Südwesten scheint de facto nichts mehr zu bedeuten. Ein dazu Anfang des Monats geplantes Treffen der drei Staaten war nicht zustande gekommen. Das russische Außenministerium forderte am Montag Jordanien und die USA erneut zu Gesprächen über die Zukunft der südwestlichen syrischen Provinzen auf.

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