Müllkrise verschärft sich

Chinas Importstopp für Plastikmüll sollte die Urheberländer zum Handeln zwingen

  • Elke Bunge
  • Lesedauer: 3 Min.

Plastik hat sich in den vergangenen 70 Jahren als Material in allen Lebensbereichen der menschlichen Zivilisation durchgesetzt. Es ist vielseitig verwendbar - ob in Kleidung, Haushaltstechnik, Industrie oder Landwirtschaft. Wurden noch 1950 zwei Millionen metrische Tonnen Plastikprodukte erzeugt, so waren es 2015 weltweit bereits 322 Millionen Tonnen. Kumulativ bis 2017 stellte die Industrie weltweit 8,3 Milliarden Tonnen Plastikartikel her. Etwa 40 Prozent davon wurden und werden für die Verpackungsindustrie produziert. Entsprechend hoch sind auch die Plastikmüllaufkommen. Seit 1992 versprach sich China vom Import und der Wiederaufbereitung von Plastikmüll ein wirtschaftliches Wachstum. Doch die Umweltfolgen überwogen die Vorteile. Ende 2017 verfügte China einen allgemeinen Importstopp. Dies stellte die »Müllexporteure« - allen voran Deutschland und die USA - vor gravierende Probleme.

Eine Studie in der Fachzeitschrift »Science Advances« beschäftigte sich kürzlich mit den Problemen nach dem Importstopp. Die Analyse der Wissenschaftler des Instituts für Materialwissenschaft der University of Georgia zeigt beeindruckende und zugleich beängstigende Tendenzen: Vom Gesamtaufkommen der produzierten Plastikartikel sind 6,3 Milliarden Tonnen bereits wieder zu Müll geworden - vor allem Verpackungen und Einwegartikel. Nur neun Prozent dieses Mülls werden einer Wiederverwendung zugeführt. Der Rest landet auf Deponien oder in der Umwelt. So machen Plastikartikel 61 Prozent des Mülls aus, der an den Küsten der Meere gefunden wird.

Nach den Studienergebnissen von Amy Brooks und ihren Kollegen hatte Deutschland allein im Jahr 2016 rund 800 000 Tonnen Polyethylenmüll nach China exportiert - Tendenz wie in den Vorjahren steigend. Das entspricht einem weltweiten Anteil von 8,2 Prozent des Müllexports, nur Japan (10,3 Prozent) und die USA (12,4 Prozent) liegen darüber, wobei die US-Wirtschaft um etliches größer ist als die der Bundesrepublik.

Hochrechnungen zufolge fallen wegen des Importstopps bis 2030 rund 111 Millionen Tonnen Plastikmüll (über dem aktuellen Niveau von 115 Millionen Tonnen) zusätzlich an, der entsorgt oder recycelt werden muss. Von 1992 bis 2017 haben China und Hongkong etwa 70 Prozent des Plastikmülls importiert und verarbeitet.

Die US-Autoren, die akribisch die Daten der Welthandelsorganisation (WTO) sowie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) auswerteten, befürchten nun eine Verschiebung des Müllexports aus den hoch entwickelten Ländern in sogenannte Tigerstaaten - Indien, Indonesien sowie weitere Staaten des asiatisch pazifischen Raumes. In diesem Zusammenhang sprechen sie von »displaced plastic waste« (verlagertem Plastikmüll) bei dem nicht geklärt werden kann, ob er in den entsprechenden Ländern recycelt, ordnungsgemäß deponiert oder schließlich doch in den Ozean gekippt wird.

In Übereinstimmung mit Vorgaben der UNO resümieren die Autoren, dass eine Lösung einzig in der Reduzierung von Plastikmüll generell sowie in der Aufbereitung in den Urheberstaaten gefunden werden kann. Die vorgestellten Daten korrelieren mit ähnlichen Erhebungen und zeigen, dass Handlungsbedarf dringend angeraten ist.

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