Kein Anspruch auf Aufhebung rechtswidriger Bescheide
Gericht zu Altanschließern in Brandenburg
Bescheide für alte Kanalanschlüsse bleiben nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) auch dann gültig, wenn sie rechtswidrig erhoben wurden. Weder die Verwaltung noch der Gesetzgeber seien verpflichtet, Verwaltungsakte rückwirkend aufzuheben, erklärte das Gericht in einem am 7. Juni 2018 veröffentlichten Urteil.
Nach Angaben von Gerichtssprecherin Ulrike Weiland ist es das erste Urteil in einem solchen Fall der sogenannten Altanschließer in Brandenburg. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Denn wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Klage ließen die Richter die Revision zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zu.
Die Richter erklärten zwar, dass das Heranziehen des Klägers zur Zahlung eines Beitrags für seinen alten Kanalanschluss nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts rechtswidrig war. Doch der Kläger sei gegen den Bescheid nicht vorgegangen, so dass dieser bestandskräftig wurde.
Erst mehr als vier Jahre später beantragte der Kläger die Rücknahme des Bescheids, nachdem das Bundesverfassungsgericht im Herbst 2015 die Bescheide für Kanalanschlüsse, die vor dem Jahr 2000 gebaut worden waren, für verfassungswidrig erklärt habe. Zu Recht habe der Wasserverband diese Aufhebung abgelehnt, urteilten die Richter.
Der kommunalpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Sven Petke, erklärte, die Landesregierung müsse nun auf politischem Wege für Rechtsfrieden sorgen. »Es kann nicht sein, dass diejenigen, die Vertrauen in die Verbände, die Kommunen, die Verwaltung, die Landesregierung, den Landtag und die Justiz in Brandenburg gesetzt hatten, jetzt die Dummen sind«, meinte Petke.
»Dieses Urteil war leider zu erwarten, weil das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) eine lange Tradition regierungsfreundlicher Urteile hat«, sagte der Landtagsabgeordnete Péter Vida von BVB/Freie Wähler, der sich seit Langem für die Rückzahlung rechtswidriger Beiträge der Altanschließer einsetzt. Er setze weiter darauf, dass der Bundesgerichtshof in diesen Fällen die Staatshaftung zulasse.
Das Brandenburger Oberlandesgericht hatte im April in einem Musterverfahren entschieden, dass die Staatshaftung im Fall der Altanschließer nicht greife. Auf diesem Wege könnten die Bürger keinen Schadenersatz verlangen, weil die Verbände die Beiträge nach damals gültiger Rechtslage erhoben hätten, urteilten die Richter. Die Rechtskraft von Bescheiden könne auch nicht mit einer Klage auf Staatshaftung unterlaufen werden. Doch gegen dieses Urteil wurde beim Bundesgerichtshof Revision eingelegt. dpa/nd
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