Nach dem NSU ist vor dem NSU

Sebastian Bähr über die Gefahr rechtsterroristischer Anschläge

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 1 Min.

Als jüngst das »heute-journal« über die Urteile des NSU-Verfahren berichtete, wählte Marietta Slomka eine vielsagende Anmoderation: »Islamistischen und linken Terror kennt man in Deutschland. Aber Terror von rechts konnte man sich hierzulande kaum vorstellen.« Ihre naiven Worte ignorierten natürlich die brutale wie lange Geschichte des Rechtsterrorismus im Land. Erinnert sei an die »Deutschen Aktionsgruppen«, die »Hepp-Kexel-Gruppe«, die »Wehrsportgruppe Hoffmann«. Erst kürzlich offenbarte eine Recherche von Antifaschisten, dass das internationale »Combat 18«-Netzwerk in Deutschland aktuell über umfassende Strukturen und sogar eine Art Vereinssatzung verfügt.

Slomkas Worte dürften gleichzeitig aber eben doch der Wahrnehmung vieler Bürger und Politiker in Deutschland entsprechen. Links und Rechts werden gleichgesetzt, die mindestens 193 Todesopfer rechter Gewalt seit 1990 verdrängt oder ignoriert. An dieser verzerrten Sicht sind auch staatliche Institutionen schuld. Seit Jahren verharmlosen sie Neonazi-Terror nach außen, während sie ihn gleichzeitig über das V-Mann-System stärken. Kenner der Szene vermuten: Nichts geschieht in militanten Neonazistrukturen ohne ihr Wissen.

Solange das Desinteresse der Bevölkerung sowie das schädliche Agieren der Behörden so bleibt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Neonazi-Terrorgruppe zuschlägt. Nach dem NSU ist vor dem NSU.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.