Argentinisches Parlament lehnt Legalisierung der Abtreibung ab

Senat lehnt Gesetzesentwurf mit 38 zu 31 Stimmen nach Zustimmung des Abgeordnetenhaus ab / Katholische Kirche hatte massiv mobilisiert

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Buenos Aires. In Argentinien ist eine Initiative zur Legalisierung der Abtreibung gescheitert. Der Senat lehnte am frühen Donnerstag mit 38 gegen 31 Stimmen eine Gesetzesvorlage ab, die bereits von der Abgeordnetenkammer angenommen worden war.

Zehntausende Menschen hatten sich während der 16-stündigen Debatte auf den Straßen um das Parlament versammelt, um teils für und teils gegen die Legalisierung der Abtreibung zu demonstrieren. Abtreibungsgegner und -befürworter hatten bis in die frühen Morgenstunden vor dem Kongress ausgeharrt. Frauenrechtsaktivistinnen zeigten sich nach dem Votum tief enttäuscht.

Auch international hatte es Unterstützung für die argentinischen Frauen gegeben. In Mexiko-Stadt demonstrierten hunderte Aktivistinnen. »Abtreibung ja, Abtreibung nein, das entscheide ich«, riefen die Demonstrantinnen in Mexiko. Einige Frauen reichten einen Brief im argentinischen Konsulat ein mit den Worten »Auf geht's Argentinien, mit viel Liebe und Kraft«.

Auch in Costa Ricas Hauptstadt San José demonstrierten rund 500 Menschen zur Unterstützung des Gesetzes in Argentinien. »Wir unterstützen den Kampf in Argentinien«, war auf Plakaten zu lesen. In Costa Rica sind Schwangerschaftsabbrüche nur erlaubt, wenn das Leben der Mutter durch die Schwangerschaft gefährdet wird. In mehreren zentralamerikanischen Ländern ist die Abtreibungsgesetzgebung besonders streng. In Honduras, El Salvador und Nicaragua waren bereits existierende Ausnahmen sogar wieder abgeschafft worden.

In Argentinien ist Abtreibung bislang nur im Fall von Vergewaltigung oder Lebensgefahr für Mutter oder Kind erlaubt. Nach Schätzungen des Gesundheitsministeriums werden jedoch jährlich über 350.000 illegale Abtreibungen durchgeführt. Rund 50.000 Frauen werden jährlich wegen gesundheitlicher Komplikationen nach diesen Eingriffen in Krankenhäuser eingeliefert. Laut Amnesty International sind Komplikationen nach illegalen Abtreibungen die Hauptursache für Müttersterblichkeit in Argentinien. Die Dunkelziffer für illegale Abtreibungen liegt zwischen 300.000 und 500.000.

Der Gesetzentwurf sah vor, dass Frauen innerhalb der ersten 14 Wochen eine Schwangerschaft abbrechen dürfen. Staatliche und private Kliniken sollten den Eingriff kostenfrei vornehmen. Der Staat hätte damit das Recht auf Abtreibung anerkannt. Vielen Senatoren ging dieser Passus zu weit.

Aktivist*innen hatten jahrelang für eine Liberalisierung der Abtreibung im Land mobilisiert. Schon 2003 wurden dabei grüne Tücher zum Symbol der Bewegung für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch in Argentinien. In den letzten Monaten hatten die Abtreibungsgegner blaue Tücher zu ihrem Symbol gemacht.

Sechsmal wurde der Gesetzentwurf für eine Liberalisierung von Abtreibungen bislang abgelehnt, ehe er im März endlich zur Debatte ins Parlament kam. Durch das Votum des Senats ist der Gesetzentwurf vorerst gestoppt und wird wohl erst ab März 2019 erneut beraten werden können, wenn eine neue Wahlperiode des Kongresses beginnt.

Nach der gültigen Gesetzgebung von 1921 machen sich bei einer Abtreibung nicht nur die Ärzte, sondern auch die Frauen strafbar. Zwischen 2007 und 2016 sind in Argentinien 63 Menschen in Verbindung mit illegalen Abtreibungen vor Gericht verurteilt worden.

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Die Abstimmungen fanden in beiden Parlamentskammern ohne Fraktionszwang statt. Der konservative Staatschef Mauricio Macri hielt sich neutral. Einige Minister, darunter der Gesundheitsminister, sprachen sich für die Gesetzesvorlage aus, andere Regierungsmitglieder dagegen. Die Katholische Kirche hatte aktiv gegen die Legalisierung der Abtreibung gestritten, der argentinischstämmige Papst Franziskus hatte sich persönlich gegen das Projekt ausgesprochen. Die katholische Kirche rief auch zu einer Messe in der Kathedrale von Buenos Aires auf, um gegen den Gesetzentwurf zu beten. Agenturen/nd

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