Früheres Gefängnis wird Gedenkstätte
Erinnerung in Chemnitz an freigekaufte DDR-Häftlinge
Chemnitz. Eine Gedenkstätte im früheren Kaßberg-Gefängnis in Chemnitz soll ab Sommer 2021 an Tausende freigekaufte DDR-Häftlinge erinnern. Diese Pläne stellte der Verein Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis am Freitag vor. Die Haftanstalt war die zentrale Durchgangsstation für fast alle durch die Bundesrepublik freigekauften Gefangenen. Zwischen 1962 und 1989 waren es mehr als 30 000 Menschen. Bislang gibt es in dem früheren Gefängnis nur einen Erinnerungsort.
Im nächsten Jahr sollen die Ideen zur Betreiberstruktur für die Gedenkstätte und das Konzept verfeinert werden. Der Historiker Peter Wellach, der mit dem Verein zusammenarbeitet, stellte die Pläne für eine Nutzung vor. Demnach soll der Zustand des Jahres 1989 so weit wie möglich rekonstruiert werden. Das Gefängnis hat eine lange Geschichte und wurde mehrmals umgebaut. Nach dem Ende der DDR wurde das Gebäude als Justizvollzugsanstalt genutzt - bis diese 2010 geschlossen wurde. Stacheldraht an den Gefängnismauern erinnert noch an diese Zeit. Einige Freitreppen in dem Gebäudekomplex aus der Nachwendezeit sollen abgebaut und Türen aus den 1990er Jahren entfernt werden.
Für das Gedenkstätten-Projekt mit Dauerausstellung wird voraussichtlich eine Investition von 3,1 Millionen Euro notwendig. Im April hatte das Land Sachsen beschlossen, dass der Gedenkort Kaßberg-Gefängnis mit Geld aus dem DDR-Parteivermögen erhalten werden soll. Nach Vereinsangaben beläuft sich die Fördersumme auf zwei Millionen Euro.
Der Verein hatte viele Jahre um einen solche Gedenkstätte gekämpft, wie es sie bereits auf anderen früheren Gefängnisarealen aus der DDR-Zeit in Bautzen oder in Cottbus gibt. Im Herbst 2017 wurde dann bekannt, dass ein Investor den historischen Gefängniskomplex kaufte. Dieser stimmte zugleich zu, dass ein Teil zur Gedenkstätte wird. Andere Teile des Gebäudekomplexes sollen hingegen abgerissen werden und Wohnhäuser sowie Büros entstehen.
Das Kaßberg-Gefängnis wurde im Jahre 1886 errichtet. In der NS-Zeit wurde es als Haftanstalt und für Untersuchungshaft genutzt - unter anderem von der Gestapo. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges war es zunächst ein sowjetisches Untersuchungsgefängnis. 1952 wurde das Gefängnis dann an die DDR übergeben. Es war die größte Untersuchungshaftanstalt in der ganzen DDR. dpa/nd
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.