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Krisn zur Wiesn

Der FC Bayern gewinnt viermal in Serie nicht. Trainer und Management stehen in der Kritik

  • Maik Rosner
  • Lesedauer: 4 Min.

München. Sogar der Blick in die nahe Zukunft fiel schwer. Der Oktoberfestbesuch am Sonntag nach der 0:3-Niederlage des Vorabends gegen Borussia Mönchengladbach sorgte eher für weiteres Grauen in der Belegschaft des FC Bayern. Ein Schaulaufen auf der Wiesn, das Lächeln und Zuprosten für die Fotografen und Kamerateams - den Münchnern schien diese Aussicht wie eine Qual vorzukommen. Nach dem nächsten »Schlag ins Gesicht«, wie Kapitän Manuel Neuer am Samstagabend zwar das zweite Gegentor betitelt hatte, was aber auch übergeordnet für das uninspirierte Spiel der Bayern galt.

Die heftige Niederlage gegen den neuen Tabellenzweiten durch die Tore von Alassane Pléa (10.), Lars Stindl (16.) und Patrick Herrmann (88.) war das vierte sieglose Spiel in Serie nach dem 1:1 gegen den FC Augsburg, der 0:2-Niederlage bei Hertha BSC und dem 1:1 gegen Ajax Amsterdam. Der jüngste Auftritt hinterließ dabei den Eindruck, dass der Abwärtstrend zunehmend an Fahrt gewinnt.

Vier Punkte beträgt der Rückstand nun auf Tabellenführer Borussia Dortmund. Und das, obwohl die Bayern mit einem 2:0-Auswärtserfolg beim FC Schalke, dem siebten Sieg im siebten Pflichtspiel der Saison, und mit vier Punkten Vorsprung auf den BVB in die »fünfte Münchner Jahreszeit« gestartet waren. 14 Tage später hat der Serienmeister der vergangenen sechs Spielzeiten zum Ende der Wiesn eine handfeste Krisn. »Das ist natürlich nicht Bayern und auch zu wenig«, sagte Neuer noch über die seltenen Torchancen seiner Kollegen. Rechtsverteidiger Joshua Kimmich stellte schonungslos fest: »Es ist nicht so, dass wir so viele Chancen versemmelt haben. Wir hatten einfach keine.«

Der Blick richtet sich zu Beginn der Länderspielpause damit vor allem auf den neuen Trainer Niko Kovac. Der sah sich schnell der Frage ausgesetzt, ob er befürchte, dass seine Vorgesetzten das Vertrauen in ihn verlieren könnten. »Das kann ich nicht beantworten«, sagte Kovac ehrlich und sprach über seine Kenntnis der »Mechanismen im Fußball und in der Bundesliga. Ich weiß auch, dass ich beim FC Bayern bin und die Zeit hier anders läuft.« Trotzdem gehe er davon aus, dass er weiterhin Rückhalt im Verein habe, sagte Kovac noch. Sicher ist er sich dessen aber nicht mehr. Das erzählt einiges über den markanten Abschwung, den seine Mannschaft zuletzt erlebt hat, nachdem ihn Klubpräsident Uli Hoeneß in Bezug auf die Rotation schon vor dem Spiel gegen Mönchengladbach mit dem Satz geschwächt hatte, am Ende müsse der Trainer »den Kopf hinhalten«.

Auch danach wurde immer deutlicher, wie sehr es beim FC Bayern rumort. Die Mannschaft vermisst ganz offensichtlich bei der Suche nach Lösungen Vorgaben und Impulse des Trainers. Da werden schon mal Kritik und Interna an die »Bild« durchgesteckt. »Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir Chancen kreieren können«, sagte Kimmich nun. »Wir sind mit zu vielen Spielern in den ungefährlichen Räumen. Das heißt, wir haben zu wenige Leute da, wo es dem Gegner weh tut«, wurde Innenverteidiger Mats Hummels noch deutlicher. Für Stürmer Robert Lewandowski zählten Statistiker zwölf Ballkontakte - im gesamten Spiel.

Das lag auch daran, dass die Münchner oft ohne Tempo anliefen, mehr quer als tief passten. Hinzu kamen erneut Fehler in der Defensive, die Mönchengladbach effizient ausnutzte, ein oft nachlässiges Zweikampfverhalten und der Gesamteindruck, dass die Mannschaft ohne klares Konzept vor sich hin spielt. Sie wirkt wie die Ansammlung verunsicherter Solisten, die ohne Glaube an ihre Vorgaben agiert. »Die Situation ist brutal«, sagte Thomas Müller.

Der Blick richtet sich aber auch auf die Kaderkonstruktion, für die Kovac nichts kann. Die seit einem Jahrzehnt prägende Flügelzange Franck Ribéry (35) und Arjen Robben (34) scheint zunehmend an Schwung zu verlieren. Serge Gnabry kann noch keinen von ihnen gleichwertig ersetzen und Kingsley Coman kuriert noch seinen Syndesmoseriss aus. Hinzu kommt nun eine Blessur des Linksverteidigers David Alaba. »Jetzt ist genau das eingetreten, was ich befürchtet habe«, sagte Kovac und verwies damit auf die hohe Belastung seiner Außenverteidiger und damit durchaus kritisch auf die schmale Kaderarchitektur.

Immerhin stehen nach der Länderspielpause in allen Wettbewerben Treffen mit eher schwächeren Gegnern an. Dann geht es zum VfL Wolfsburg, zu AEK Athen, zum FSV Mainz 05 und im Pokal zum Viertligisten SV Rödinghausen. Das letzte Spiel vor der nächsten Länderspielpause könnte dann allerdings maßgeblich darüber entscheiden, ob Kovac zugetraut wird, die Kurve zu bekommen. Dann geht’s am 10. November nach Dortmund.

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