Studenten gegen Xenophobie
Studentinnen und Studenten von Schauspielschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz protestieren in einem offenen Brief gegen Ausgrenzung und Diskriminierung von Ausländern an Schweizer Theatern.
Seit dem 1. Juli gelte in der Schweiz der sogenannte Inländervorrang, heißt es in dem am Samstag in Berlin, Wien und Zürich verbreiteten Schreiben an deutschsprachige Theater. Damit würden Bewerbungen von Schweizer Schauspielerinnen und Schauspielern an Schweizer Theatern per Gesetz bevorzugt behandelt. Auch Film- und Fernsehproduktionen sollen vorrangig von Schweizern bespielt werden. In Zürich war am Samstagabend eine erste Protestaktion geplant.
Als Protest gegen die Inländerregelung und in der Sorge, dass auch Österreich und Deutschland dem Beispiel der Schweiz folgen könnten, wollen die Schauspielschüler bis zum 14. Oktober eine Vielzahl von Protestaktionen vor Theatern in Deutschland, Österreich und der Schweiz durchführen. Das Motto lautet »Nascht für die Kunst!«. Wie der Protest konkret gestaltet werde, sei den Akteuren vor Ort selbst überlassen, sagte Initiatorin Anna-Sophie Friedmann von der Berliner Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Busch«.
In Zeiten, da sich in Europa rechtspopulistisches Denken Bahn bricht, seien Vorschriften wie der »Inländervorrang« ein nationalistischer Angriff auf die Freiheit des Theaters, warnen die Schauspielstudenten. Gerade in heutigen Zeiten müsse Theater die Unabhängigkeit der Kunst und die offene Gesellschaft verteidigen. Der Kampf für die freie Kunst werde durch die Kraft der Vielstimmigkeit eines internationalen Ensembles geführt.
»Wie will man von der Welt erzählen, wenn man ein xenophobes Dorf im Herzen trägt?«, heißt es in dem Schreiben weiter.: »Wir wollen keine Diskriminierung. Wir haben keine Angst. Wir lehnen diese Entwicklung entschieden ab und fordern die Verantwortlichen aller Theater auf, den ›Inländervorrang‹ zu ignorieren.« Die Entscheidung für oder gegen eine Schauspielerin oder einen Schauspieler müsse eine ausschließlich künstlerische bleiben.
Unterzeichnet wurde der Brief von Studierenden von 18 Schauspielschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, darunter die Hochschule der Künste in Zürich, die Kunstuniversität in Graz, die Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Busch« in der deutschen Hauptstadt, die Folkwang Hochschule in Bochum/Essen, die Otto Falckenberg Schule in München, und die Hochschule für Musik und Theater »Felix Mendelssohn Bartholdy« in Leipzig. epd
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