Ungeliebtes Liebesherz wird Arztsache

Bundesrat: Das Tattoo-Entfernen ist Nichtmedizinern ab Ende 2020 verboten

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

»Jenny forever«, umrandet von einem roten Herzchen, mit dieser Bekundung ewiger Liebe per Tattoo sitzt ein junger Mann im Warteraum eines Kosmetikstudios. Jenny ist Geschichte, ist auf und davon - nun soll sie auch vom Oberarm ihres Exlovers verschwinden. Neben ihm wartet eine nicht mehr ganz junge Frau. Ihr ist das vor vielen Jahren tätowierte »Arschgeweih« mittlerweile peinlich geworden, es soll weggelasert werden. Noch dürfen auch Anbieter ohne Medizinstudium eine solche Behandlung vornehmen, wie sie in speziell ausgestatteten Studios erfolgt. Doch von Ende 2020 an sind ausschließlich Ärzte befugt, »Laser oder hochenergetische Lampen zu kosmetischen Zwecken« einzusetzen, besagt ein Beschluss des Bundesrates.

Mit dieser jüngst ergangenen Entscheidung bereitet die Länderkammer allerdings den Nichtmedizinern, die Tattoo-Entfernungen vornehmen, ernsthafte Existenzsorgen. Dieses Problem vieler Selbstständiger bedenkend, hatte Niedersachsen einen Kompromissvorschlag in den Bundesrat eingebracht: Private Anbieter, Kosmetikstudios etwa, sollten auch künftig Tätowierungen weglasern dürfen, sofern die dafür erforderliche Fachkunde nachgewiesen wird. Doch die Mehrheit im Bundesrat lehnte diesen Vorschlag ab.

Nein sagte sie allerdings auch zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, der eine noch strengere Regelung vorsah: Ausschließlich Fachärzte wie Dermatologen oder Spezialisten für plastische Chirurgie sollten Tattoos entfernen dürfen. Der Bundesratsbeschluss aber berechtigt alle Ärzte mit entsprechenden, nachzuweisenden Fachkenntnissen dazu. Gegebenenfalls müssen die Mediziner eine Weiterbildung absolvieren.

Damit sich alle Betroffenen besser auf die Rechtslage einstellen können, so der Bundesrat, soll die neue Verordnung erst Ende 2020 in Kraft treten. Der Regierungsentwurf hatte nur eine dreimonatige Übergangsfrist vorgesehen.

Zustande gekommen war jener Entwurf mit Blick auf eine Forderung des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS): Nur Fachärzten möge man das Entfernen von Tattoos und Permanent-Make-up gestatten. Habe doch eine Studie ergeben, so BfS-Präsidentin Inge Paulini, »dass die optische Bestrahlung der Haut unliebsame Folgen haben kann«. Zu möglichen dauerhaften Nebenwirkungen, so die Behörde, zählten insbesondere Narben oder Pigmentveränderungen, also eine hellere oder dunklere Färbung der Haut. Auch sei im Rahmen der Studie von vorübergehenden Nebenbewirkungen berichtet worden wie Hautrötungen oder Krustenbildung.

Hautärzte dürften den Bundesratsbeschluss begrüßen, haben sie doch stets gewarnt: Ein Laser könne bei fehlerhaftem Einsatz erhebliche Schäden an der Haut verursachen. Nichtärztliche Entferner verweisen darauf, dass sie vieljährige Erfahrung im Lasereinsatz haben, die Haut ihrer Kunden gründlich in Augenschein nehmen und, wenn ein Risiko erkennbar sei, den Weg zum Hautarzt empfehlen. Es sei bedauerlich, heißt es aus den Reihen privater Anbieter, dass Niedersachsens Kompromiss vom Bundesrat nicht angenommen wurde. Die Sozialministerin des Landes, Carola Reimann (SPD), hatte diesen unter anderem mit dem Hinweis auf Fachärztemangel begründet und zu bedenken gegeben: Mit der neuen Regelung werde den Ärzten eine Aufgabe zugewiesen, »die keine Gesundheitsbehandlung ist«.

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