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Therapeuten im Streikmodus

Beschäftigte von Charité-Tochterfirma fordern höhere Löhne und eine Tarifanpassung

  • Lola Zeller
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Streikenden zogen über den Campus Mitte der Charité, um lautstark auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen.
Die Streikenden zogen über den Campus Mitte der Charité, um lautstark auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen.

Lautstark ziehen die Streikenden am Montagmorgen über den Campus Mitte der Charité. Sie tragen Transparente, Fahnen und leuchtende Westen. Dabei wird ordentlich Radau gemacht. Dafür sorgen sowohl die Trillerpfeifen und Tröten als auch energische Sprechchöre. Alle sollen mitbekommen, was los ist: »Wir sind Ergos, Masseure, Therapeuten! Wir streiken heute, weil sie uns ausbeuten!«

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Die Gewerkschaft ver.di hatte zum Warnstreik aufgerufen, um ihrer Forderung nach Bezahlung gemäß dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) vor der nächsten Verhandlungsrunde Nachdruck zu verleihen. Denn die Physio- und Ergotherapeut*innen, Masseur*innen und medizinische Bademeister*innen sind nicht bei der Charité angestellt, sondern ausgegliedert bei der Tochterfirma »Charité Physiotherapie- und Präventionszentrum« (CPPZ) und verdienen nach ver.di-Angaben 500 bis 900 Euro weniger, als es der Tarifvertrag verlangt.

Die Physiotherapeutin Marzena Manske war schon im Vorfeld des ersten Warnstreiks in die Tarifverhandlungen mit der Geschäftsführung des Tochterunternehmens involviert, sie ist Mitglied der Tarifkommission. Am Montag freut sie sich darüber, endlich auch auf der Straße für gerechten Lohn einstehen zu können. »Die Beteiligung ist großartig für so einen kleinen Betrieb«, sagt sie. Etwa 70 Beschäftigte sind zusammengekommen, um den Streik auf dem Charité-Gelände hör- und sichtbar zu machen. Etwa 115 Therapeut*innen sind durch die Tochterfirma angestellt.

»Wir sind das erste Mal auf der Straße und so viele sind mitgekommen«, freut sich Manske. Vor allem beeindruckt sie die Streikbeteiligung der Angestellten mit befristetem Arbeitsverhältnis. »Das erfordert viel Mut.« Der Ausschluss von sachgrundlosen Befristungen ist eine weitere Forderung der Streikenden. Manske erzählt, sie habe schon früh morgens an ihrem Campus Virchow-Klinikum Flyer an alle Beschäftigten verteilt, um über das Anliegen der Streikenden zu informieren. »Wir haben große Unterstützung von den Ärzten und dem Pflegepersonal«, sagt sie. »Wir arbeiten alle schon lange zusammen und sind ein Team.«

Unterstützung erfahren die Angestellten des Physiozentrums auch durch Mitarbeiter*innen, die an der Charité direkt angestellt sind, aber an das Tochterunternehmen geliehen werden. Davon gibt es etwa 60, sie werden alle nach TvöD bezahlt. Einer von ihnen ist Manfred Treny, er gehört zu der Gruppe der Masseur*innen und medizinischen Bademeister*innen. »Neben mir arbeiten Leute, die machen genau das Gleiche wie ich und verdienen trotzdem viel weniger«, sagt Treny. Deshalb beteilige er sich solidarisch am Streik der CPPZ-Beschäftigten.

Und auch aus anderer Richtung kommt Solidarität: Die Schüler*innen, welche an der Charité zu Therapeut*innen ausgebildet werden, kämpfen für ihre zukünftigen Arbeitsbedingungen. »Die Schulleitung hat angeordnet, dass wir uns nicht am Warnstreik beteiligen dürfen«, sagt Schüler Tobias Portella. Zur Unterstützung habe er es aber vor Beginn der nächsten Unterrichtsstunde zu den Streikenden geschafft. Die Schüler*innen erledigen den Großteil ihrer Praxis am Physiozentrum, ihre Ausbildung absolvieren sie allerdings direkt an der Charité. Gespannt schauen also auch sie auf die nächste Verhandlungsrunde zwischen ver.di und der CPPZ-Geschäftsführung Ende November, bei der sich zeigen wird, ob dieser und künftige Warnstreiks genug Druck aufbauen können, um die Bezahlung nach TVöD zu bewirken.

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