Reinigungskräfte fordern Weihnachtsgeld

Gebäudereiniger kämpfen für eine Jahressonderzahlung, die in Tarifbranchen üblich ist

Im Bonner Post-Tower blieben die Böden dreckig, bei der Uni Flensburg die Fenster trüb. Bei Daimler in Untertürkheim lief reinigungstechnisch nichts mehr, denn allein dort schlossen sich rund 150 Gebäudereiniger dem Warnstreik für Weihnachtsgeld an. Bundesweit wurden am Montag Flughäfen, Krankenhäuser, Verwaltungen, Industriestandorte und Schulen nicht geputzt. Die ersten Streiks hätten um Mitternacht begonnen, teilte die Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) mit.

Die Gebäudereiniger sind eine der wenigen tariflich gebundenen Branchen ohne Weihnachtsgeld. Bei den meisten anderen Wirtschaftszweigen ist diese Jahressonderzahlung üblich: Rund 77 Prozent aller Beschäftigten in Betrieben mit Tarifvertrag bekommen sie laut der DGB-nahen Hans-Böckler-Stiftung. Im Frühjahr war es der IG BAU gelungen, für das ostdeutsche Bauhauptgewerbe die Einführung eines Weihnachtsgeldes durchzusetzen. Nun kämpfen auch die Gebäudereiniger für einen Rechtsanspruch. Sie verbinden damit Wertschätzung und Anerkennung. »Wir hatten erwartet, dass die Arbeitgeber inzwischen verstanden haben: Diese Branche muss attraktiver werden. Das wird sie ganz sicher nicht mit Dumpingmethoden«, erklärte Bundesvorstandsmitglied Ulrike Laux. Doch die Arbeitgeber seien nicht einmal bereit, über das Thema Verhandlungen aufzunehmen.

Konkret verlangt die Gewerkschaft für die rund 600 000 gewerblichen Beschäftigten eine zusätzliche Zahlung von rund der Hälfte eines Monatslohns, bei längerer Betriebszugehörigkeit soll es bis zu 70 Prozent geben. Die vielen Teilzeitbeschäftigten sollten in gleicher Weise beteiligt werden. Tatsächlich ein volles 13. Monatsgehalt erhalten die Beschäftigten nur in wenigen Branchen. So stehen etwa im Bankgewerbe, in der Süßwaren- oder Chemieindustrie nach Angaben der Böckler-Stiftung am Ende des Jahres zwischen 95 bis 100 Prozent eines Monatseinkommens zusätzlich auf dem Gehaltszettel.

Der Bundesinnungsverband des Gebäudereinigerhandwerks beharrt bislang auf seinem Nein zum Weihnachtsgeld. Dabei verweisen die Arbeitgeber auf bereits vereinbarte Lohnerhöhungen, die im Laufe des Jahres 2020 zu gleicher Bezahlung in den Tarifgebieten West und Ost führten. Daneben sei wirtschaftlich kein Spielraum für ein 13. Monatsgehalt, hieß es in einer Mitteilung.

Vor einem Jahr war es den Reinigungskräften gelungen, eine schrittweise Ost-West-Angleichung zu erkämpfen. Danach soll ab 1. Dezember 2020 das Mindestentgelt in Ost- und Westdeutschland für die unterste Lohngruppe einheitlich 10,80 Euro pro Stunde brutto betragen. Ein armutsfester Lohn ist das aber bei Weitem nicht, zumal die Mehrzahl der Beschäftigen in Teilzeit oder auf Minijobbasis tätig sind. »Sie arbeiten zuverlässig und hart. Reichtümer scheffeln sie dabei nun wirklich nicht«, sagt Laux.

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