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  • Rassistische Proteste in Chemnitz

Rechte Haftbefehl-Verbreiter werden nicht bestraft

Die Staatsanwaltschaft Dresden hat Verfahren gegen sechs Rechte eingestellt / Gegen zwölf weitere Personen wird weiter ermittelt

  • Lesedauer: 2 Min.

Dresden. Die Weitergabe oder Veröffentlichung von internen Gerichtsdokumenten wie Haftbefehlen ist eigentlich verboten. Ein Justizbeamter, rechte Aktivisten und Sympathisanten setzten sich Ende August darüber hinweg und veröffentlichten den Haftbefehl gegen Yousif A.

Die Behörden fahndeten nach ihm wegen Totschlag am Deutschkubaner Daniel H. Sein Tod löste rassistische Hetzjagden auf ausländisch aussehende Personen in Chemnitz, rechte Aufmärsche und antifaschistische Gegenproteste aus. Rechte Aktivisten wollten mit der Veröffentlichung des Haftbefehls Polizei und Justiz unter Druck setzen. Bestraft werden sie aber nicht dafür - zumindest einige.

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Vier Monate nach der Veröffentlichung des Haftbefehls liegen jetzt erste Untersuchungsergebnisse vor. Man habe die Ermittlungen gegen sechs Personen abgeschlossen und die Verfahren eingestellt, sagte ein Sprecher der federführenden Staatsanwaltschaft Dresden der Deutschen Presse-Agentur. Gegen weitere zwölf Personen seien die Ermittlungen noch in vollem Gange. Wann mit einem Abschluss zu rechnen sei, könne er noch nicht sagen, erklärte der Sprecher.

Ende August hatte ein Vollzugsbeamter der Justizvollzugsanstalt Dresden den Haftbefehl eines vermutlichen Irakers fotografiert und im Internet veröffentlicht. Der 23-Jährige steht im Verdacht, gemeinsam mit zwei Männern, die vermutlich aus Syrien stammen, am 26. August in Chemnitz einen Deutschen getötet zu haben. Der Asylsuchende bestreitet die Tatvorwürfe. Bei allen drei Tatverdächtigen steht die Nationalität nicht genau fest, da sie sich in Deutschland unter mehreren Namen angemeldet haben.

Gegen den Justizbeamten, der die Tat zugegeben hatte, wird wegen des Vorwurfs der Verletzung von Dienstgeheimnissen ermittelt. Laut Staatsanwaltschaft kann dafür eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren verhängt werden. Laut sächsischem Justizministerium ist der Beamte weiterhin vom Dienst suspendiert. Über seine berufliche Zukunft werde erst nach Abschluss des Strafverfahrens entschieden, sagte ein Ministeriumssprecher.

Darüber hinaus wird gegen Personen ermittelt, die den Haftbefehl weiterverbreitet haben sollen. Ihnen wird die verbotene Mitteilung über Gerichtsverhandlungen (Paragraf 353d StGB) vorgeworfen. Dies kann mit bis zu einem Jahr Haft geahndet werden.

Wegen der Veröffentlichung des Haftbefehls waren auch die Fraktionsräume der rechtspopulistischen Bewegung »Pro Chemnitz« im Rathaus durchsucht worden. Sie ist mit drei Sitzen im Stadtrat von Chemnitz vertreten. Zudem waren drei Wohnungen und die Rechtsanwaltskanzlei von Fraktionschef Martin Kohlmann Ziel der Maßnahmen. Ein Foto des Dokumentes war auf der Facebook-Seite der Vereinigung veröffentlicht worden. dpa/nd

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