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Liste des geistigen Rechtsrucks
Robert D. Meyer wundert sich über die »wichtigsten Intellektuellen«
Das Magazin »Cicero« kürt regelmäßig eine Rangliste der »500 wichtigsten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum«. Schon das ist irreführend: Die Relevanz wird danach bemessen, wie häufig jemand in Zeitungen, Zeitschriften und im Internet eine Rolle spielt. Gute Chancen, damit laut Cicero als »Intellektuell« zu gelten, haben damit nicht unbedingt jene, die einen geistreichen Gedanken formulieren, sondern die besonders laut brüllen und somit wie geschaffen für einen überhitzten Medienbetrieb sind. Kein Wunder also, dass Zeitgenossen wie Peter Sloterdijk, Thilo Sarrazin und Hans-Werner Sinn sich um die vorderen Platzierungen rangeln wie um einen Platz im nächsten ARD-Krawalltalk.
Was dem RTL-Dschungelcamp seine B-Promis sind für Teile des politischen Journalismus ein neoliberaler Philosoph, ein rassistische Bücher schreibender Ex-Finanzsenator und ein Ökonom, der die Armut im Land negiert. Für eine griffige Schlagzeile reicht der Griff zum Telefon. Dass sich auf der »Cicero«-Liste nur 85 Frauen wiederfinden, sagt nichts über ihre intellektuellen Fähigkeiten sondern viel über das Patriarchat in Kunst, Wissenschaft und Kultur. Was das Ranking auch beweist: Die von Rechten gern behauptete Unterdrückung von Meinungen gibt es nicht. Aber darüber können Sarrazin und Sinn bestimmt im nächsten TV-Talk diskutieren.
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