Verheerendes Ergebnis für die Linke

Sozialdemokraten können Platz zwei zurückerobern, links davon aber gibt es quasi nichts mehr. Eindeutiger Gewinner der Wahlen ist die Lega

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.

In Italien haben die Europawahlen einen klaren Sieger: Innenminister Matteo Salvini und seine rechtsextreme Lega. Und einen klaren Verlierer: Luigi Di Maio und die Fünf-Sterne-Bewegung, die gemeinsam mit der Lega Italien regieren. Der Rest der Ergebnisse ist komplexer.

Die Lega erhielt 33,6 Prozent der Stimmen, die Fünf Sterne 16,6 Prozent. Damit kehrt sich das Kräfteverhältnis innerhalb der derzeitigen Regierung aus den beiden Parteien um: Der rechte, man könnte sagen faschistische, Partner Lega ist jetzt Seniorpartner gegenüber der Partei des Kabarettisten Beppe Grillo, die im augenblicklichen Parteienspektrum in Europa ein Unikum darstellt.

Die beiden Regierungsparteien hatten sich zuvor einen extrem harten Wahlkampf geliefert, wobei die Lega sich immer weiter nach rechts und die Fünf-Sterne-Bewegung nach links oder zumindest weg von den extremen Positionen der Lega bewegte. Ob und wie sich das auf die Regierungsarbeit, die beide fortsetzen wollen, auswirken wird, bleibt abzuwarten.

Die Fünf Sterne haben aber nicht nur gegenüber der Lega, sondern auch gegenüber der Demokratischen Partei PD verloren, die der deutschen SPD entspricht. Mit ihren 22,7 Prozent hat sie den negativen Trend angehalten und umgekehrt. Mit ihrem neuen Generalsekretär Nicola Zingaretti, der erst seit etwas über zwei Monaten im Amt ist und stärker auf die soziale Karte setzt, hat sie - zumindest bei den Europawahlen - erneut den zweiten Platz im italienischen Parteienspektrum zurückerobert.

Auch innerhalb des rechten Spektrums haben sich die Kräfteverhältnisse total umgekehrt. Forza Italia erhielt mal gerade 8,8 Prozent der Stimmen, obwohl (oder weil?) der alte und kranke Silvio Berlusconi noch einmal in den Ring gestiegen war, da er hoffte, bei den Italienern alte Erinnerungen wecken zu können. Seine Partei droht jetzt vollkommen zu zerfallen und von der Bildfläche zu verschwinden - und seine permanenten Appelle an die Lega, doch wieder in «den Schoss» der rechten Koalition zurückzukehren und den «Kommunisten» der Fünf Sterne den Laufpass zu geben, klingen realitätsfremd und pathetisch.

Dabei freut sich der dritte Partner der ehemaligen rechten Regierungskoalition: Fratelli d’Italia mit der Ultrarechten Giorgia Meloni an der Spitze, die 6,5 Prozent erhielt und auf eine immer engere Zusammenarbeit mit der Lega setzt. Wenn man die Stimmen der drei rechten Parteien zusammenzählt, bleibt die Summe in etwa gleich, aber eben anders verteilt als zuvor. Casa Pound, die sich selbst als «Faschisten des dritten Jahrtausends» bezeichnen und die eng mit der Lega verbunden sind, haben gegenüber den letzten Parlamentswahlen etwa ein Drittel ihrer Stimmen verloren (jetzt liegen sie bei 0,33 Prozent) und Forza Nuova, die andere klar faschistische Partei, liegt bei 0,15 Prozent.

Links von den Sozialdemokraten der PD hat keine der vielen Parteien die Vier-Prozent-Hürde genommen. Die meisten Stimmen erhielten noch die Grünen mit 2,3 Prozent, die bisher in Italien nie eine Rolle spielten und jetzt wahrscheinlich von der weltweiten Schülerbewegung «Fridays For Future» profitierten.

Sinistra, Teil der europäischen Linken, muss sich mit knapp 1,8 Prozent der Stimmen zufrieden geben und bleibt damit weit unter den angestrebten vier Prozent. Es bleibt Tatsache, dass permanente Spaltungen und Vetos innerhalb der linken kapitalismuskritischen Bewegung in Italien wieder dazu geführt haben, dass sie weder im nationalen noch im Europaparlament vertreten ist.

Maurizio Acerbo, Sekretär von Rifondazione Comunista (Kommunistische Neugründung, die aus der Spaltung der Kommunistischen Partei Italiens hervorgegangen war), die versucht hatten, ein breiteres Linksbündnis zu schmieden, erklärte gegenüber dem «nd», dass dies «ein verheerendes Ergebnis für »die Linke und Italien« sei, auch weil sich die Rechte in diesem Land »um eine ausländerfeindliche und katholisch fundamentalistische Lega« herum neu organisiert hat.

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