Nahles stellt die Machtfrage

SPD-Fraktionschefin will sich nächster Woche einer Neuwahl stellen / Parteilinke Mattheis fordert Rennen mit »offenem Visier«

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Berlin. Nach den jüngsten Wahl-Desastern für die SPD will sich Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles in der Fraktion vorzeitig zur Neuwahl stellen. Sie schlage den Gremien ihrer Fraktion eine vorgezogene Abstimmung in der kommenden Woche vor, sagte Nahles am Montagabend im ZDF. Ursprünglich war die Neuwahl in der Fraktion für September vorgesehen. Vor der Europawahl hatten sich Spekulationen gehalten, Nahles solle dann aus dem Amt gedrängt werden. In Partei und Fraktion wurde zuletzt verstärkt von Unzufriedenheit mit Nahles berichtet.

Mit ihrer Ankündigung geht Nahles nun in die Offensive: »Personelle Debatten halte ich zwar jetzt für nicht sinnvoll, aber da diese Aufforderung an mich ergangen ist als Fraktionsvorsitzende, würde ich sagen: Dann schaffen wir Klarheit«, sagte sie am Abend im ZDF. In der ARD führte sie aus, nach der Sitzung des Parteivorstandes sei sie mit einem Brief des Sprechers der Ruhrgebietsabgeordneten aus Nordrhein-Westfalen konfrontiert worden. »Und das ist ja nur die Fortsetzung von Gerüchten, von Spekulationen, von Zeitungsartikeln, die es jetzt in den letzten Wochen ja zuhauf gegeben hat.« Sie halte es für besser, möglichst zügig für Klarheit zu sorgen. »Und deswegen habe ich angeboten, dass jemand - oder wer auch immer - der dann meint, er hat einen anderen Weg anzubieten, dann auch aufsteht und kandidiert. Und dass wir das nächste Woche dann klären.«

Der nordrhein-westfälische SPD-Abgeordnete Michael Groß hatte in seinem Brief geschrieben, es müsse klargestellt werden, ob die Fraktion hinter ihrer Vorsitzenden steht oder nicht. Den Spekulationen der vergangenen Tage müsse ein Ende gesetzt werden.

Als mögliche Kandidaten für eine Nachfolge von Nahles an der Spitze der Fraktion wurden seit Tagen Ex-SPD-Chef Martin Schulz, der Chef der NRW-Landesgruppe, Achim Post, und der Sprecher der Parlamentarischen Linken in der Fraktion, Matthias Miersch, gehandelt. Öffentlich erklärt hat sich bisher niemand.

Die SPD-Linke Hilde Mattheis erwartet vor der auf nächste Woche vorgezogenen Wahl zum Fraktionsvorsitz ihrer Partei eine »heftige Debatte«. »Ich glaube, dass wir mit ganz offenem Visier in diese Debatte gehen müssen, weil es uns nichts hilft, wenn wir jetzt Probleme oder Konflikte unter den Tisch kehren«, sagte Mattheis am Dienstag im ARD-»Morgenmagazin«. Es komme darauf an, »ob jemand auch die Gegenkandidatur wagt«.

Auf die Frage, ob Nahles die Mehrheit der Fraktion noch hinter sich habe, sagte die SPD-Linke: »Diese Glaskugel kann ich nicht bespielen.« Namen für mögliche Kandidaten um den Fraktionsvorsitz nannte sie nicht. »Ich denke, dass es eine Fraktionsangelegenheit ist, die wir unter uns zu klären haben.« Zugleich forderte Mattheis mögliche Kandidaten auf, sich zu bekennen. »Diejenigen, die da im Prinzip auch die Konfrontation und die Gegenkandidatur wollen, die sollen das offen benennen.« Sie sei für eine »klare, offene Haltung«.

Nach dem Debakel bei der Europawahl mahnte die SPD-Politikerin zugleich eine deutlichere Positionierung ihrer Partei an. »Offensichtlich haben wir nicht die lange Linie gedacht«, sagte Mattheis. Sie glaube fest daran, dass die Sozialdemokratie sich »wieder sehr viel stärker weiter links orientieren« müsse und nicht nur mit Einzelthemen wie der Grundrente aufwarten könne. »Diese lange Linie, diese Konsequenz in der eigenen Haltung (...), die hat glaube ich gefehlt in den letzten Jahren.«

Die Partei brauche »Argumente, aus der großen Koalition auszusteigen«, forderte Mattheis. Bis zum Bundesparteitag müsse die Debatte um die Positionierung der SPD fortgesetzt werden. Agenturen/nd

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