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Minimalziel
Uwe Kalbe über den Vorschlag Jean Asselborns für eine EU-Seenotrettung
Es ist erst wenige Jahre her, dass Italien über seine Seenotrettungsmission »Mare Nostrum« Flüchtlinge im Mittelmeer rettete, wenn diese Kopf und Kragen riskierten, um Europa zu erreichen. Es ging um nichts als ein Minimalziel - die Menschen nicht ertrinken zu lassen. Rom hat eine Kehrtwende vollzogen, findet sich jetzt ganz vorn in der Meute der harten Hunde in Europa, die Flüchtlinge wie eine Plage behandeln, die es fernzuhalten gilt. Ertrinken wird ihnen ausdrücklich in Aussicht gestellt. Wenn nun der luxemburgische Außenminister Asselborn einer EU-Seerettungsmission das Wort redet, ist damit zunächst nicht mehr vorgeschlagen, als die Wiederherstellung der Normen des internationalen Seerechts. Dass es wie eine humanitäre Verkündigung wirkt, zeugt vom bereits erreichten Ausmaß an Inhumanität.
Dabei redet Asselborn nicht der Öffnung der EU-Außengrenzen das Wort, seine Idee von geschlossenen Lagern mit Aussicht auf Rückführung bleibt ganz im Rahmen der üblichen Flüchtlingsabwehrpolitik. Und der von ihm angeregte Verteilungsschlüssel, der alle EU-Länder in die Pflicht nähme, ist ja längst gescheitert. Es gibt keinen Grund zu glauben, dass dies jetzt anders enden würde. Trotzdem ist Asselborns Vorschlag nicht abwegig. Zu hart kollidiert die tödliche Realität mit allen Werten, die die EU großspurig vor sich herträgt. Das Sterben im Mittelmeer zwingt zum Handeln. Früher oder später.
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