Ein Jahr Haft für marokkanische Journalistin wegen Schwangerschaftsabbruch

Amnest International: »Ihr Geschlecht und ihr Körper werden als politische Waffe gegen sie verwendet«

  • Lesedauer: 2 Min.

Rabat. Die marokkanische Journalistin Hajar Raissouni ist wegen vorehelichen Geschlechtsverkehrs und Abtreibung verurteilt worden. Ein Gericht in der marokkanischen Hauptstadt Rabat erlegte ihr eine einjährige Haftstrafe auf, wie das Nachrichtenportal »Jeune Afrique« Montagnacht berichtete.

»Das heutige Urteil ist ein verheerender Schlag gegen die Rechte der Frauen«, erklärte die Nahost-Direktorin von Amnesty International, Heba Morayef. Journalistenorganisationen und Menschenrechtler sehen im Prozess zudem den Versuch, die 28-Jährige einzuschüchtern. Das Urteil widerspreche den Gesetzen und den Menschenrechten, sagte Raissounis Anwalt, Abdel Moula Mrouri, dem französischen Fernsehsender TV5.

Raissouni und ihr Verlobter, den die Richter ebenfalls zu einem Jahr Haft verurteilten, wurden Ende August beim Verlassen einer Frauenarztpraxis festgenommen. Raissounis Gynäkologin erhielt eine zweijährige Gefängnisstrafe, weil sie einen Schwangerschaftsabbruch vorgenommen haben soll. Raissouni hat die Vorwürfe stets bestritten: Sie sei aufgrund einer inneren Blutung behandelt worden, sagte sie vor dem Prozess. Das Verfahren sei politisch motiviert.

Raissouni arbeitet für die Zeitung »Akhbar al-Yaoum«, eines von wenigen unabhängigen Medien in Marokko. Dabei berichtete sie auch über regierungskritische Proteste. Im Gefängnis sei sie über ihre Arbeit ausgefragt worden, berichtete die Journalistin in einem Brief an ihre Zeitung.

Raissouni wurde als »Aktivistin und Frau ins Visier genommen«, sagte Claire Mallinson von Amnesty International. »Ihr Geschlecht und ihr Körper werden als politische Waffe gegen sie verwendet.« Mallinson forderte die unverzügliche Freilassung Raissounis und aller anderen in dem Fall Verurteilten.

Schwangerschaftsabbrüche und vorehelicher Sex sind nach dem marokkanischen Gesetz verboten. In den sozialen Netzwerken kursiert ein Schreiben marokkanischer Frauen, das die Abschaffung der entsprechenden Gesetzesartikel fordert. Alleine 2018 wurden dem Aufruf zufolge 14.503 Menschen in Marokko wegen vorehelichen Geschlechtsverkehrs verurteilt. Jeden Tag unternähmen zwischen 600 und 800 Frauen unsichere Abtreibungen in dem nordafrikanischen Land. Bisher haben 7.000 Menschen den Aufruf unterschrieben. epd/nd

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