Streit um Amazon-Turm in Friedrichshain

Baustadtrat Florian Schmidt pocht auf neuen Wettbewerb

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 3 Min.

»Ich halte dieses Gebäude in dieser Dimension für Investoren-Architektur aus einer anderen Zeit«, sagt Bezirksbaustadtrat Florian Schmidt (Grüne) am Dienstag am Rande der Bezirkstour des Senats durch Friedrichshain-Kreuzberg. Gemeint ist der geplante Hochhausprojekt »Edge East Side Berlin« an der Warschauer Straße, besser bekannt als »Amazon-Turm«. Bis 2023 soll am südlichen Ende der Warschauer Brücke ein 140 Meter hohes Hochhaus mit würfelartiger Außenfassade entstehen. Mittlerweile steht das Vorhaben jedoch auf der Kippe. »Das ist kein Städtebau wie ich ihn mir wünsche«, sagt Schmidt dem »nd«.

Im September hatte der Bezirk dem Unternehmen Edge Technologies noch grünes Licht für den hohen Büroturm gegeben, in dem Amazon 28 von 35 Etagen anmieten und 3400 Mitarbeiter*innen unterbringen will. Die Aktivist*innen von »Make Amazon Pay« hatten daraufhin Proteste gegen den Online-Händler angekündigt. »Nach Arbeiter*innen drangsalieren, keine Steuern zahlen und mit Abschiebebehörden zusammenarbeiten jetzt auch noch die Mieten steigen lassen und Menschen vertreiben. Nicht mit uns«, teilte die Kampagne mit.

Doch nicht die Proteste sind der Grund für Schmidts Ablehnung des bereits genehmigten Projekts, vielmehr kritisiert er, dass die aktuelle Planung stark vom ursprünglich verabredeten Konzept abweiche. Der Baustadtrat wirft Edge Technologies daher Vertragsbruch vor, da die neuen Baupläne nicht den Vorgaben des städtebaulichen Vertrags entsprechen würden. Schmidt drohte, die Vertragserfüllung notfalls auch vor Gericht durchzusetzen und sprach sich für einen neuen Wettbewerb über die Gestaltung des Amazon-Turms aus.

Das Unternehmen Edge Technologies befürchtet derweil eine Verzögerung des Projekts, das 2023 fertiggestellt werden soll, und kündigte am Dienstag an, die strittigen architektonischen Aspekte nachzubessern und mit den Verantwortlichen abzustimmen. »Dass sich die Bauherren bewegen ist schön«, so Schmidt. »Wir meinen es aber ernst, dass es hier ein neues Verfahren geben muss.« Der Baustadtrat ist skeptisch, ob die angekündigten kleinen Veränderungen ausreichen werden.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Gräff, kritisierte unterdessen den »rot-rot-grünen Kulturkampf gegen Investoren«: Nach dem Aus für den Google-Campus und den »Querschüssen« des Grünen-Stadtrates gegen Amazon fordert die CDU, »solche Zukunftsinvestitionen zur Chefsache zu machen«. In Kreuzberg hatten Proteste gegen den geplanten »Google-Campus« im vergangenen Jahr dazu geführt, dass der Konzern die Pläne aufgab. Auf einen ähnlichen Erfolg hoffen auch die Aktivist*innen von »Make Amazon Pay«: »In New York City wurde das geplante Amazon Headquarter durch Kämpfe von unten verhindert. Achtet auf Ankündigungen!«

Verhindern kann Florian Schmidt den geplanten Büroturm nicht mehr - so sehr er sich auch eine andere Baukultur wünscht: »Ich kann ja nichts gegen geltendes Recht unternehmen«, sagt er bedauernd.

Der Amazon-Turm ist jedoch nicht das einzige Hochhausprojekt, das in Friedrichshain-Kreuzberg derzeit in Planung ist. Beim Besuch des Senats im Anschluss an die gemeinsame Sitzung mit dem Bezirksamt, stellte Schmidt am Dienstag auch das »Entwicklungsprojekt Ostbahnhof« vor. So soll am Hermann-Stöhr-Platz nicht nur ein neuer Standort des Online-Versandhändlers Zalando entstehen, sondern unter anderem auch ein neues Rathaus. Dies sei nötig, da der Bezirk an seinem bisherigen Standort in der Frankfurter Allee »erhebliche Mietsteigerungen« auf sich zukommen sehe, erläutert Schmidt.

Neben dem Rathaus will der Bezirk auch eine neue Schule bauen. Da die Flächen auf dem Gelände jedoch zur Hälfte dem Land und zur anderen Hälfte privaten Investoren gehören, muss sich der Bezirk zunächst mit den Unternehmen abstimmen. Mit einer Fertigstellung ist daher nicht vor 2025 zu rechnen.

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