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Sánchez’ verfehlte Strategie
Martin Ling über die Wahlen in Spanien
Pedro Sánchez hat sich verzockt. Der Plan des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten, sich zum zweiten Mal binnen Jahresfrist mit Neuwahlen eine größere Parlaments- und damit Verhandlungsbasis in der Regierungsbildung zu schaffen, ging in die Binsen. Jetzt rächt sich, dass Sánchez im Sommer nicht versucht hat, ein progressives Bündnis der linken Mitte zu schmieden. Die sozialdemokratische PSOE, die Linkspartei Unidas Podemos und die linkssozialdemokratische katalanische ERC hatten eine rechnerische Mehrheit, die Sánchez nicht genutzt hat und nun verloren ist. Fast flehentlich hatte sich die Unabhängigkeitspartei ERC an Sánchez gewandt, sich auf einen Dialog ohne Vorbedingungen einzulassen. Er kam nicht zustande und Sánchez nach der jetzigen Wahl erneut erklärtes Ziel, eine progressive Regierung zu bilden, ist nun ferner denn je.
Die vierten Wahlen einschließlich der De-facto-Abwahl des Quasi-Zwei-Parteien-Systems PSOE und Volkspartei PP im Dezember 2015 haben Spaniens politische Krise vertieft. Und sie haben erneut gezeigt, dass jeder Weg zu ihrer Beilegung über die Lösung des Katalonien-Konflikts führt. Sollte Sánchez – wie ihm von Podemos-Chef Pablo Iglesias im Wahlkampf unterstellt wurde –, stattdessen eine Ausflucht in einer großen Koalition mit der wieder erstarkten rechten Volkspartei PP suchen, schaufelt er dem Nach-Franco-Spanien mit seiner Verfassung von 1978 endgültig sein Grab. Es wird kein schönes Ende sein. Der steile Aufschwung der ultrarechten VOX liefert ein Vorgeschmack darauf.
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