»Früher waren wir flexibler«

Für die Snowboarder brachte PotAS nicht nur Gutes

Vor einem Jahr waren Sie voller Hoffnung, dass PotAS einen positiven Effekt haben wird. Können Sie den schon feststellen?

Die Leistungssportreform im Ganzen hat zu mehr Geld innerhalb der Förderung geführt. Das ist für uns ein positives Ergebnis.

Stefan Knirsch
Stefan Knirsch ist Direktor für Finanzen und Verbandsmanagement bei Snowboard Germany. Er schildert seine Erfahrungen mit PotAS.

Lohnt sich der große bürokratische Aufwand dafür?

Eine genaue Rechnung dazu anzustellen, ist schwierig. Schlussendlich hat das Qualitätsmanagement im deutschen Sport Einzug gehalten. Dem stehen wir nach wie vor positiv gegenüber. Und PotAS wird ständig weiterentwickelt. Der Aufwand dürfte also weniger werden, aber wenig wird es sicherlich nie. Wir stehen weiterhin zur Leistungssportreform. Auch wenn einiges unheimlich zäh verläuft. So ist immer noch ungeklärt, ob der Bund oder die Länder die unteren Kader finanzieren. Vielleicht braucht es seine Zeit. Nur die hat man im Leistungssport nicht. Ich hoffe, dass sie uns nicht hinten raus fehlt, um positive Ideen dann noch umzusetzen

Die Wintersportverbände wurden noch in drei Cluster eingeteilt. Die Race-Snowboarder schnitten gut ab, die Freestyler aber fielen in den schlechtesten Topf. Hatte das Einfluss auf die Förderung?

Ja, das hat sich sehr deutlich ausgewirkt. Insgesamt haben wir als Verband zwar mehr Geld bekommen. Die Disziplin Race, die in Cluster eins gelandet war, wurde auch merklich stärker ausgestattet. Als Gegenpol haben wir uns aber in den Strukturgesprächen und in der Förderkommission nach PotAS sehr schwer getan, auch die positive Entwicklung im Freestyle zu verteidigen. Wir mussten kämpfen, dass die Förderung hier überhaupt weiterläuft, auch wenn dieses drohende Szenario vom Geldgeber nicht immer ausgesprochen wurde. Die Bewilligung der Mittel erfolgte nur für zwei Jahre bis 2020. Bei den Racern ist das anders. Es freut uns für den Sommersport, dass die Clusterung nun weggelassen wird.

Ist die Bewilligung nur für zwei Jahre denn so schlimm?

Unsere Freestyler fahren mittlerweile im Weltcup in die Top Ten und stellen eine Juniorenweltmeisterin. Die Entwicklung ist genau so, wie sie sein muss, um die geforderten Potenziale für Finalplatzierungen bei Olympia 2022 und für Medaillen bei den darauf folgenden Spielen zu haben. Das wurde uns auch so bescheinigt. Gleichzeitig gibt es für die Zeit nach 2020 bisher keine Mittel. Das führt dazu, dass wir bei den Weltcups in Übersee vielleicht nicht antreten können. Dabei beginnt dann der Qualifikationszeitraum für Olympia. Das hemmt uns.

Ihre Freestyler lagen im Ranking so weit hinten, weil sie keine Erfolge vorweisen konnten. Ist das System, das sich Potenzialanalyse nennt, zu sehr auf die Vergangenheit ausgerichtet?

Ja, es ist zu sehr nach hinten gerichtet. Wenn sich unsere Disziplinen Race und Freestyle untereinander unterscheiden, dann nur in den Ergebnissen, denn innerhalb unserer Strukturen sind sie alle gleich aufgestellt. Im Freestyle kommen aber gerade einige Talente von unten nach. Und genau danach sucht doch das System.

Könnten Sie als Verband nicht einfach Geld von den Racern zum Freestyle rüberschieben, wenn es dort nötiger ist?

Früher waren wir noch deutlich flexibler, wenn hier mal ein Rennen ausfiel, und dort eine Reise teurer wurde. Jetzt haben wir keinerlei Verschiebungsmöglichkeiten mehr.

Entsteht da Neid innerhalb Ihres Verbands?

Ich bin froh, dass der Verband auf offener Kommunikation und Vertrauen basiert. Ich spüre daher keine Missgunst. Aber es bedarf vieler Gespräche, das Fördersystem den Athleten und Trainern zu erklären. Man lobt sie dafür, die Ergebnisse zu erreichen, die wir uns vorgenommen haben. Und trotzdem kann der Verband nicht alle Maßnahmen finanzieren.

Die Struktur macht die Medaille
Politik und DOSB überprüfen die Fachverbände auf ihr Erfolgspotenzial. Ob die Datensammlung etwas bringt, steht erst in vielen Jahren fest.

Andere Verbände kritisieren, dass PotAS nur Papiere oder besetzte Stellen abfragt. Die Qualität werde nicht geprüft. Teilen Sie die Kritik?

Natürlich ist die reine Abfrage etwa eines Nachwuchs-Entwicklungskonzepts zu kurz gesprungen. Jeder, der Ja ankreuzt, hat dann das gleiche Ergebnis. Doch es gibt himmelweite Unterschiede. Es müsste eine qualitative Beurteilung stattfinden. Aber ich glaube nicht, dass die PotAS-Kommission dazu in der Lage ist.

Warum?

Weil sie zu klein ist. Und weil das nur jemand könnte, der tief drin steckt in dem jeweiligen Sport. Es gibt sicherlich Mechanismen, die allgemein übertragbar sind. Es gibt aber auch Prinzipien, die für jede Sportart oder jede Disziplin sehr individuell gelten.

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