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Taktischer Rückzug
Uwe Kalbe über den CDU-Parteitag in Leipzig
Es gibt keinen Grund, sich um Annegret Kramp-Karrenbauer zu sorgen. Die Frau weiß sich zu behaupten. Noch. Und noch war dies auch nicht allzu schwierig. Friedrich Merz, der in den letzten Wochen als hauptamtlicher Drohkulissenschieber unterwegs war, ist zu klug, um ein Jahr nach seinem gescheiterten Griff nach dem Parteivorsitz sich nun gleich noch einmal die Finger zu verbrennen. Brav zollte er der Vorsitzenden Respekt, nachdem sie die Machtfrage gestellt hatte.
Zugleich machte der Erzkonservative mit dem ständigen Hang zum neoliberalen Staatsstreich deutlich, dass er seine Ambitionen längst noch nicht begraben hat. Doch geht es ihm nicht in erster Linie um Kramp-Karrenbauer. Sein Blick ist fest auf die Bundeskanzlerin gerichtet. Ihr gilt sein entschiedener Groll. Merz ist prononcierter Vertreter jenes Flügels in der CDU, der in der Regierungspolitik der letzten Jahre eine sogenannte Sozialdemokratisierung kritisiert. Die schiebt er der Noch-Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Schuhe. Und dort wäre sie auch zu Recht hingeschoben, wenn man die These der Sozialdemokratisierung teilte.
Doch welche vermeintliche Wohltat sie stört, damit rücken Merz und seine Gefolgschaft nicht wirklich heraus. Die Ausgaben für Soziales, die in den letzten Jahren tatsächlich stiegen, können längst nicht den sozialen Totalschaden beheben, den eine übergroße Koalition seit Anfang der 2000er Jahre anrichtete. Die CDU folgte da noch klarer jenem Kurs, den Merz ihr wohl auch jetzt gern verordnete. Mitten in seiner Demutsgeste ließ er in Leipzig anklingen, dass er die Zeit gekommen sieht - für neue »Zumutungen«. So definierte er auch den Mut, den er seiner Partei abverlangt. Und hatte von seiner Chefin keinen Widerspruch zu befürchten.
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