Beschäftigte von Galeria Karstadt Kaufhof streikten

Gewerkschaft ver.di fordert Rückkehr zum Flächentarif und Zukunftsinvestitionen des Eigentümers für die Warenhauskette

34 000 Mitarbeiter in fast 200 Kaufhäusern. Das sind beeindruckende Zahlen. So groß ist das Kaufhaus-Imperium des österreichischen Milliardärs René Benko schon heute. Und dieser ist weiter auf Zuwachs aus. Am Dienstag wurde bekannt, dass Benko auch noch den Sportartikelhändler Sport Scheck übernehmen möchte, falls die Kartellbehörden zustimmen. Benko, der sein Geld mit Immobilien gemacht hat, ist nicht unumstritten. In Berlin etwa fürchtet die LINKE-Politikerin Gaby Gottwald, dass es dem Österreicher nicht um die Entwicklung der Warenhäuser, sondern um die »Entwicklung« der Immobilien geht, etwa am Hermannplatz an der Grenze von Kreuzberg zu Neukölln, wo Benko die alte Filiale abreißen und einen pompösen Neubau bauen will.

Benko sorgt auch bei den Beschäftigten der bis Anfang 2019 unabhängigen Konkurrenten Karstadt und Kaufhof seit Monaten für Unmut. Für die ersten Warenhäuser wurde bereits eine Schließung beschlossen, und das Unternehmen ist aus dem Flächentarifvertrag für den Einzelhandel ausgestiegen. Bei Karstadt gilt seit drei Jahren ein Sanierungstarifvertrag, bei dem die Beschäftigten teilweise auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichteten. Ihre Entlohnung liegt derzeit fast 15 Prozent unterhalb der Höhe des Flächentarifvertrags. Der Kaufhof-Teil des Konzerns ist erst dieses Jahr aus dem Tarifvertrag ausgestiegen, den Beschäftigten droht das Abrutschen in den Sanierungstarifvertrag ihrer Karstadt-Kollegen.

Um das zu verhindern und die eigene Stärke in den am Donnerstag begonnenen Tarifverhandlungen aufzuzeigen, hat die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di am Donnerstag in 68 Kaufhof-Filialen, 16 Filialen von Karstadt Sports und acht KarstadtFeinkost-Filialen zum Warnstreik aufgerufen. »Einschnitte bei den monatlichen Entgelten lehnen die Beschäftigten entschieden ab. Sie wollen zudem an der Weiterentwicklung des Zukunftskonzepts Warenhaus beteiligt werden«, sagte der Verhandlungsführer von ver.di, Orhan Akman. Der Eigentümer müsse Geld in die Hand nehmen und in das Warenhaus investieren. Genau so wie die Beschäftigten müssten auch leitende Angestellte und Manager ihren Beitrag zur Sanierung leisten. »Jetzt müssen Management und Eigentümer liefern«, so Akman.

Ver.di fordert eine Lösung für alle Unternehmenssparten des Konzerns. »Die Beschäftigten von Kaufhof und Karstadt Sports sind mit ihrer Geduld am Ende«, erklärte Silke Zimmer, Leiterin des Fachbereichs Handel bei ver.di in Nordrhein-Westfalen. Die Kolleginnen und Kollegen brauchten endlich eine sichere tarifvertragliche Lösung für die Zukunft des Warenhauses und zur Sicherung ihrer Arbeitsplätze. »Sie fordern deshalb eine verbindliche Rückkehr zum Flächentarifvertrag«, so Zimmer.

In Nordrhein-Westfalen bestreikte ver.di dann auch 23 der 28 Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof. In Köln streikten etwa 80 Beschäftigte vor dem dortigen Kaufhof, was nach Gewerkschaftsangaben etwa die Hälfte der Schicht ausmacht. Im Kölner Karstadt Sports soll nur noch die Geschäftsleitung gearbeitet haben. An mehreren Standorten habe es Probleme bei der Warenanlieferung gegeben. »Es ist richtig gut gelaufen«, so die Kölner Gewerkschaftssekretärin Jana Zorn. Ihre Berliner Kollegin Petra Ringer weiß Ähnliches zu berichten: Am Alexanderplatz hätten 400 Beschäftigte demonstriert. Aus allen Kaufhof-Filialen seien Streikende dabei gewesen, auch Mitarbeiter aus den Karstadt-Häusern hätten sie sich beteiligt. Ringer geht von »ex-tremen Auswirkungen« auf die Warenhäuser aus, die nur mit Aushilfen ihre Öffnung hätten aufrechterhalten können. In Cottbus habe die Geschäftsführung für den Streiktag die Aufforderung »nur kassieren und nicht beraten« herausgegeben.

Von der Pressestelle des Konzerns wurde am Donnerstagnachmittag ein Statement herausgegeben: »Alle Häuser von Galeria Karstadt Kaufhof sind trotz Streik geöffnet. Es ist bedauerlich, wenn stellenweise ein anderer Eindruck vermittelt wird«, so Vertriebschef Thomas Wanke. »Wir freuen uns auf unsere Kundinnen und Kunden.«

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