Nur bedingt tauglich für Natur- und Artenschutz

Trägerkreis des baden-württembergischen Volksbegehrens »Rettet die Bienen« beerdigt seine Initiative

  • Dirk Farke
  • Lesedauer: 3 Min.

In der vergangenen Woche beendeten die Initiatoren nach einem Kompromissvorschlag der grün-schwarzen Landesregierung ihren Konflikt mit den Bauernverbänden und verzichten auf eine weitere Mobilisierung der Bevölkerung. Bereits seit Mitte Oktober, als die Stuttgarter Landesregierung begann, sich in den Streit zwischen Naturschützern und Landwirten einzumischen, unterließen sie weitere Appelle, sich in die Unterschriftenlisten einzutragen.

Wie die Aktivisten des Volksbegehrens mitteilen, habe der Trägerkreis einstimmig beschlossen, den mit Vertretern der Landesregierung und den Bauernverbänden ausgehandelten Gesetzentwurf als Alternative zu den ursprünglich formulierten Forderungen zu akzeptieren. »Wir werden nicht wieder aktiv für unser ursprüngliches Volksbegehren mobilisieren und Euch auch nicht mehr zur Unterschrift aufrufen«, heißt es in einer Stellungnahme. Weiter sprechen die Aktivisten von einem »echten Meilenstein« und sehen zudem einen »echten Gewinn in dem Ergebnis« und vergessen dabei nicht, sich für das »erarbeitete Leitbild für eine nachhaltige und zukunftsfähige Landwirtschafts- und Umweltpolitik« gegenseitig auf die Schultern zu klopfen.

Und in der Tat, formal betrachtet sieht dieser Gesetzentwurf nicht nach einer Niederlage aus. Das Volksbegehren verlangte 50 Prozent weniger mit Pestiziden belastete Flächen bis 2025. Der Gesetzentwurf verspricht 40 bis 50 Prozent weniger chemisch-synthetische Pestizide bis 2030. Die ökologische Landwirtschaft sollte ursprünglich auf 50 Prozent aller landwirtschaftlichen Flächen bis 2035 verbindlich sein, erhalten hat man den geplanten Ausbau auf 30 bis 40 Prozent bis 2030. Das Begehren verlangte ein Pestizidverbot in allen Schutzgebieten. Erhalten hat man ein Verbot, selbstverständlich mit Ausnahmeregelungen, in Naturschutzgebieten, die ganze zwei Prozent der Landesfläche umfassen. Die zumeist an den Rändern der Gemeinden liegenden Streuobstbestände dürfen zukünftig nicht mehr Wohn- und Gewerbegebieten geopfert werden, sondern lediglich dem Straßenbau.

Sven Prange, Koordinator des Volksbegehrens, spricht auf Nachfrage nicht von einem »Traumergebnis«, sondern nur von einem »guten Ergebnis, das wir erreicht haben«. Positiv sei zudem, dass der Gesetzentwurf nun zügig umgesetzt werden könne, während eine Umsetzung im Rahmen des Volksbegehrens noch viel Zeit gekostet hätte. »Vor allem haben wir den Kompromiss mit den Landwirten geschlossen und nicht gegen sie, deshalb ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie in der Praxis das Gesetz boykottieren, viel geringer«, so Prange.

Auch der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND), Regionalverband Südlicher Oberrhein, bezeichnet den Entwurf als einen »akzeptablen Kompromiss«, wobei hier sicher die vorgesehene Stärkung der Biotopverbände eine Rolle gespielt haben dürfte.

Die Landwirte sehen vor allem die Reduzierung der Pestizide natürlich weiter skeptisch. Werner Räpple, Präsident des badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes spricht gegenüber der Badischen Zeitung, von einem »politischen Ziel, das schwer zu erreichen sei«.

Sie war somit mal wieder sehr erfolgreich, die mehr als zynische Kampagne der Agrochemiekonzerne. Wohl kaum ein Acker oder eine landwirtschaftlich genutzte Fläche, auf der zumindest hier im Markgräfler Land in den letzten Monaten kein grünes Kreuz aus dem Boden wuchs in Verbindung mit dem Hinweis, das Volksbegehren verhindert die Versorgung der Bevölkerung mit regionalen Lebensmitteln, hier stirbt gerade ein Landwirt und ähnlichem Schwachsinn.

Das Artensterben wird, allenfalls mit reduzierter Geschwindigkeit, weitergehen: Für viele Pflanzen- und Insektenarten, Amphibien und Vögel, die längst auf der Roten Liste der bedrohten Arten stehen. Damit erhalten die grünen Kreuze doch noch ihre Berechtigung: Ruhe in Frieden.

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