Gesundbeter vom Dienst

Jana Frielinghaus über das Amt des Ostbeauftragten

Der »Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer« ist offiziell verantwortlich für den »Aufbau Ost«. Eigentlich soll er die Angleichung der wirtschaftlichen Situation dort an die im Westen vorantreiben. Unstrittig ist unter Fachleuten, dass die Entwicklung Ost fast so lange stagniert wie es das Ostbeauftragtenamt gibt: seit fast 20 Jahren also. Eine Angleichung findet vor allem durch auch im Westen fortschreitende Prekarisierung von Lebens- und Arbeitsverhältnissen statt.

Da dem Ostbeauftragten wirtschaftspolitisch seit jeher wenig mehr als das Instrument des Appells zur Verfügung steht, verlegt er sich traditionell auf klassische Schönfärberei. Das jüngste Beispiel dafür liefert der aktuelle Inhaber des Postens, Christian Hirte. In der »Welt« verkündete er, »die Geschichte« stehe »heute aufseiten des Ostens«. Er erwartet, dass die Ansiedlung von Industriebetrieben ab sofort vor allem hier stattfinden wird. Bislang hat nur der US-Konzern Tesla solche Pläne öffentlich gemacht. Die Regierung hat derweil den grandiosen Beschluss gefasst, das Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten mitsamt 1000 Mitarbeitern nach Brandenburg zu verlagern. Ein »riesiges Signal« sei das für die Stadt, findet Hirte. Die Erwerbslosigkeit liegt dort bei 8,1 Prozent und das, obwohl mehr als 22 000 bzw. ein Viertel der Einwohner ihr seit 1990 den Rücken gekehrt haben. Wenn es trotz der künftig hierher pendelnden Beamten weiter nicht mit dem Aufschwung klappt, wird Hirte wissen, woran es liegt: Schuld werden dann wieder mal die Deformierungen durch »die SED-Herrschaft« sein, egal, wie lange die dann zurückliegen mag.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal