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Zeichen der Zukunft

Algarve-Cup: Die zweite Garde der DFB-Frauen bezwingt Norwegen mühelos mit 4:0

  • Frank Hellmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein bisschen schien Martina Voss-Tecklenburg selbst überrascht, was sich da unter der Abendsonne am südlichsten Zipfel der portugiesischen Atlantikküste abspielte. Dass ihre frech auftrumpfende Nachwuchsgarde mal eben Norwegen im Halbfinale des Algarve-Cups mit 4:0 in Grund und Boden spielen würde, hatte auch die Bundestrainerin nicht zwingend erwartet. »Wir haben es wirklich gut gemacht. Es war viel positive Energie im Spiel. Wir haben gesehen, dass wir viele Optionen haben, das bereitet uns natürlich Freude«, bilanzierte die 52-Jährige mit ihren an der Atlantikküste leicht geröteten Wangen. Auf allen elf Positionen hatte die Trainerin der deutschen Frauen-Nationalmannschaft nach dem überzeugenden Auftaktsieg gegen Schweden (1:0) getauscht, trotzdem harmonierte die »zusammengewürfelte Truppe« (Torhüterin Laura Benkarth) bestens.

Lea Schüller (20.), Johanna Eslig (26.), Ingrid Engen (60./Eigentor) und Marina Hegering (71.) schossen einen eindrucksvollen Testspielsieg heraus, mit dem die DFB-Frauen im Finale gegen Italien (Mittwoch 19.45 Uhr/live DFB-TV) dieses traditionsreiche Vorbereitungsturnier das vierte Mal nach 2006, 2012 und 2014 gewinnen können. »Wir sollten das nicht überbewerten, aber es sagt eine ganze Menge über die Qualität im Kader aus«, lobte Voss-Tecklenburg einen zweiten Anzug, der wie maßgeschneidert saß. Ihren Job mache das am Ende zwar nicht einfacher, aber für eine ehrgeizige Fußballlehrerin gibt es eigentlich nichts Schöneres.

Zukunftssorgen muss sich die Bundestrainerin - im Gegensatz zum Kollegen Joachim Löw - nicht machen. Ob Lena Lattwein (19 Jahre/TSG Hoffenheim) in der Innenverteidigung, Sophia Kleinherne (19/1. FFC Frankfurt) auf der Außenbahn, Sydney Lohmann (19/FC Bayern) im zentralen Mittelfeld oder Lea Schüller im Sturm (22/SGS Essen) - das Potenzial der nachrückenden Protagonisten ist über die EM 2021 in England hinaus hoffnungsvoll. Mit Laura Freigang (22/1. FFC Frankfurt) kam die nächste Debütantin zum Einsatz.

Dumm nur, dass die erfrischenden Gesichter beinahe unter Ausschluss der Öffentlichkeit glänzten. Dass sich am Samstagabend im Estadio Municipal de Lagos Fernando Cabrita nur 300 Zuschauer verloren, ist bei diesem Turnier nichts Neues. Doch stellt sich in Zeiten, wo gerade der deutsche Frauenfußball - 50 Jahre nach der Aufhebung des Verbots durch den eigenen Verband - ins öffentliche Bewusstsein vordringen soll, die Frage, ob dieser provinziell anmutende Rahmen noch zeitgemäß ist. Mit dem Weltfrauentag schaltete der DFB am Sonntag über die Sozialen Medien die Kampagne »Unsere Frauen. Echte Vorbilder«, aber sportlich vorbildliche Leistungen nützen wenig, wenn das niemand mitbekommt.

Erst in letzter Minute kamen Übertragungen über den hauseigenen DFB-Kanal zustande. Dabei gibt es längst besser vermarktete Formate, doch am SheBelievesCup des Weltmeisters USA wollte Voss-Tecklenburg wegen der Reisestrapazen nicht teilnehmen. Eine Alternative wäre vom WM-Ausrichter ins Leben gerufene »Tournoi de France« gewesen: Zu den ersten vier Spielen des Viererturniers mit Vizeweltmeister Niederlande kamen 31 264 Zuschauer, das französische Fernsehen übertrug alle Partien live oder als Stream.

Solche Plattformen zu bespielen, muss auch der deutsche Anspruch sein, sonst ist der Kampf um Aufmerksamkeit gewiss nicht zu gewinnen. Der DFB versichert, die Entwicklungen genau zu beobachten - und danach seine nächste Teilnahme auszurichten. Allerdings könnten sich solche Planspiele bald erledigt haben. Offenbar drängt die FIFA hinter den Kulissen darauf, bei den Frauen durchzudrücken, was bei den Männern nicht so leicht zu installieren ist: eine World League, bei der sich die besten Teams in einem globalen Wettbewerb ganzjährig duellieren. Dem Vernehmen nach sind die Pläne schon so weit gediehen, dass 2021 oder 2022 der Startschuss erfolgen könnte. Für Turniere wie den zum 27. Mal ausgerichteten Algarve-Cup wäre es unweigerlich der Todesstoß.

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