• Politik
  • Türkische Invasion in Afrin

Aus kolonialistischem Selbstverständnis heraus

18. März ist der zweite Jahrestag der türkischen Invasion in Afrin

  • Philip Malzahn
  • Lesedauer: 2 Min.

Die türkische Regierung nannte es »Operation Olivenzweig«, doch was wie ein harmloses Militärmanöver klingt, war in Wirklichkeit eine groß angelegte Invasion der Provinz Afrin im Norden Syriens. Am 18. März 2018 besetzen türkische Truppen mit syrischen Rebellen die Stadt Afrin. Die gleichnamige Region, die zu dem Zeitpunkt unter Kontrolle der Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens stand, ist seitdem unter der Kontrolle mehrheitlich dschihadistischer Milizen, welche durch den türkischen Staat ausgebildet, ausgerüstet und finanziert werden. Offiziell um Terrorismus zu bekämpfen, hat die türkische Regierung in der Region einen Prozess der Umsiedlung und Umerziehung begonnen: In den Schulen wird nun Türkisch unterrichtet, so wie eine extremistische Auslegung des sunnitischen Islams. Viele ethnische Kurden wurden vertrieben - insgesamt eine halbe Millionen Menschen. Die meisten davon leben bis heute in Lagern in der Region Shahba.

Aus diesem Anlass hat die deutsche Vertretung der Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens einen offenen Brief an die Bundeskanzlerin Angela Merkel geschrieben. Darin wird sie aufgefordert, »Deutschlands Präsenz in der europäischen und internationalen Politik sowie seine politisch-ökonomische Kraft« einzusetzen, denn diese könne »eine entscheidende Rolle bei der Lösung der Syrienkrise spielen«. Die türkische Besatzung Nordsyriens bezeichnen sie als Invasion, die »aus einem kolonialistischen Selbstverständnis heraus« dazu dienen soll, eine »nachhaltige demografische Veränderung und die Festigung der Vorherrschaft des türkischen Staates auf syrischem Gebiet« zu festigen.

Seit Anfang März herrscht in der letzten großen Rebellenbastion, die Provinz Idlib, ein zwischen Russland und der Türkei vereinbarter Waffenstillstand. Bis auf kleine Ausnahmen hält dieser bislang. Doch vor allem im Norden Syriens besteht die Angst, die Türkei könnte aufgrund der schwerwiegenden Gebietsverluste der Rebellen in den vergangenen Jahren versuchen, die Gebiete der Selbstverwaltung weiter einzunehmen und ihre Invasion auszubauen. Damit soll das in Idlib verlorene Gebiet kompensiert werden und die Nachschubsrouten für die Rebellen gesichert werden. Bislang hat sich Deutschland kaum dafür eingesetzt, die Türkei von ihrer Syrienpolitik abzukehren. Das liegt zum einen an der Partnerschaft der beiden Länder unter anderem durch die gemeinsame Mitgliedschaft in der Nato, andererseits und vor allem an den über drei Millionen Flüchtlingen, die derzeit in der Türkei leben. Welch immensen Druck von Ankara mit dem Schicksal der Geflüchteten ausgeübt werden kann, zeigen die Ereignisse im griechisch-türkischen Grenzgebiet in den vergangenen Wochen.

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