Tag des Sieges

Ab 9. Mai könnte in der Bundesliga wieder Fußball gespielt werden, signalisiert die Politik

Sind die Fußballer die ersten Sportler, die wieder Wettbewerbe austragen? In Deutschland könnte es so kommen: Bundesgesundheitsminister Spahn und drei Ministerpräsidenten legen sich dafür ins Zeug.

Von Jirka Grahl

Mit Fußball Sympathien sammeln - kaum ein Politiker hat je dem Drang widerstehen können, sich als Hüter und Kümmerer in Sachen rundes Leder zu präsentieren. Seit Montagabend geistert der 9. Mai als mögliches Datum für eine Fortsetzung der Bundesliga durch die Öffentlichkeit - via »Bild live« ins Gespräch gebracht vom Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und jenen drei CDU- bzw. CSU-Ministerpräsidenten, deren Klubs zuletzt an der Tabellenspitze festsaßen.

Während sich das Bundesinnenministerium weiterhin ablehnend zeigt, verkündete der Gesundheitsminister sein Wohlwollen, wenngleich »entscheidend« sei, dass bei den Bundesligaspielen »das Infektionsrisiko minimiert« werde. Eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs würde »für Millionen Fußballfans ab dem 9. Mai« wieder ein Stück Normalität bedeuten, »wenn auch im leeren Stadion«. Zur Seite sprang Spahn dann Sachsens Ministerpräsident und Parteifreund Michael Kretschmer. »Geisterspiele sind besser als nichts. Viele Deutsche freuen sich auf die Fußballübertragung. Ich auch«, ließ Kretschmer wissen.

Zuvor hatten bereits Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) den 9. Mai übereinstimmend als Wiederaufnahmetermin genannt. Am Dienstag signalisierten weitere Bundesländer grünes Licht, so auch Berlin: »Falls sich die DFL auf Geisterspiele einigt und bestimmte Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, können wir uns grundsätzlich vorstellen, dass wir das für den Fußball mit einer Ausnahmegenehmigung zulassen«, sagte ein Sprecher der Senatsverwaltung für Inneres und Sport dem Sportinformationsdienst SID.

Die erste und zweite Fußball-Bundesliga pausieren noch bis mindestens zum 30. April. Am Donnerstag will die Deutsche Fußball Liga (DFL) über weitere Schritte und eine mögliche Saisonfortsetzung mit Geisterspielen beraten. Voraussichtlich wird der Ligaverband danach ein Konzept vorlegen, wie die Bundesliga vom 9. Mai an bis zum 30. Juni zu Ende gebracht werden kann - mit regulären Spielen ohne Zuschauer. In diesem Zeitraum stünden acht Wochenenden zur Verfügung, neun Spieltage müssen noch ausgetragen werden, weswegen nicht einmal englische Wochen notwendig würden.

Peu à peu sickert durch, wie der Spielbetrieb in der Bundesliga gewährleistet werden soll: 126 Personen sollen sich demnach höchstens im Innenraum eines Stadions aufhalten dürfen, neben Spielern und Betreuern dürfen Kameraleute, Fernsehreporter, Ordner und Balljungen in den Innenraum.

Außerdem soll es offenbar alle drei Tage spezielle Corona-Schnelltests für Spieler, Trainer und Funktionsteams der Bundesligisten geben. Beim Robert-Koch-Institut (RKI) wird dieser Plan skeptisch gesehen: Vizepräsident Lars Schaade sagte am Dienstag auf der täglichen RKI-Pressekonferenz, er sehe nicht, warum »bestimmte Bevölkerungsgruppen« routinemäßig gescreent werden sollen, egal ob das nun Sportler oder andere seien. Die Coronavirustests müssten allein für »medizinische Indikationen« eingesetzt werden.

Unter den Bundesliga-Verantwortlichen hingegen fanden die Planspiele der Politiker ungeteilte Zustimmung. Bayern Münchens Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge versprach, »absolut diszipliniert und vorbildlich mit der Verantwortung« umzugehen. Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke schwärmte: »Fußball ist eine Möglichkeit, Millionen Fans wieder etwas mehr Lebensfreude zu geben.«

Zumindest wichtige Fanvertreter indes decken derlei Idealisierung des Fußballs als Augenwischerei auf. Die Fanorganisation »Unsere Kurve« attestierte dem Profifußball am Dienstag in einer Erklärung »bereits seit langer Zeit chronische Beschwerden«: Profitgier, Korruption und Misswirtschaft. Für eine Gesundung sei »eine Vereinbarung über eine gerechtere Verteilung von Fernsehgeldern innerhalb der Spielklassen und übergreifend im gesamten Ligen-System« ein erster Schritt. Zuvor hatte schon der der Ultra-Zusammenschluss »Fanszenen Deutschlands im April 2020« die geplante Fortführung der Spielzeit als Geisterspielsaison in einem Kommuniqué als »nicht vertretbar« bezeichnet.

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