- Kommentare
- Corona und soziale Folgen
Notleidende hängen gelassen
Stefan Otto über die späte Hilfe für Studierende
Wenn Professoren der Stuttgarter Hochschule der Medien einen Privatfonds organisieren, um notleidende Studierende zu unterstützen, dann spricht das Bände. Diese unbürokratische Unterstützung ist zwar rührend, zeigt aber, wie sehr der Sozialstaat in dieser Situation versagt hat. Dabei ist die Not hinlänglich bekannt: Mehr als 20 Prozent der Studierenden sind mittlerweile pleite, weil sie wegen der Coronakrise nicht mehr jobben können. Das Bundesbildungsministerium hat bislang nur Kredite in Aussicht gestellt, die als zinsloses Darlehen angepriesen wurden. Bei genauerem Blick stellen diese sich aber als übliche Studierendenkredite dar, für die auch Zinsen gezahlt werden müssen. Wenn Studierende sich auf diese Option einlassen, droht ihnen eine Schuldenfalle.
Lange hat sich Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) geweigert, nachzubessern. Zum Unverständnis vieler. Erst jetzt, knapp drei Monate nach dem Lockdown, soll ein Fonds aufgelegt werden, um notleidende Studierende zu unterstützen. Das Signal, das in dieser Zeit vom Ministerium ausgesendet wurde, war fatal: Notleidende wurden hängen gelassen. Das oft verkündete Ziel einer Chancengleichheit bei der Bildung blieb unberücksichtigt. Denn zweifellos wird künftig wieder ein wenig mehr gelten, dass vor allem die studieren, die wohlhabende Eltern haben.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.