Opfer von Nazis und Nachlässigkeit

Andreas Fritsche über den erschreckenden Umgang mit Orten der Erinnerung

Es ist erstaunlich und auch erschreckend, wie wenig Sensibilität es für solche Dinge im 75. Jahr der Befreiung vom Faschismus gibt. Da kümmert sich die Stadt Oranienburg nicht sonderlich um den Vorschlag der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen, Straßen in einem Wohngebiet nach ehemaligen Häftlingen zu benennen. Dabei befand sich dort einst ein Außenkommando des Lagers. Da muss nun erst Druck gemacht werden, die Straßennamen nur im Einvernehmen mit den KZ-Überlebenden zu beschließen. So fordert es eine Onlinepetition, die bis Sonntagnachmittag 296 Bürger unterzeichnet hatten.

Noch befremdlicher ist der Umgang mit dem Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma in Berlin-Tiergarten. Der Berliner Hauptbahnhof soll auch in Nord-Süd-Richtung ans S-Bahn-Netz angeschlossen werden. Die neue Strecke würde hart am Denkmal vorbeiführen. Es wäre mindestens während der langwierigen Bauarbeiten nur eingeschränkt begehbar. Angeblich hatte die Deutsche Bahn dies nicht auf dem Schirm. Der Zentralrat der Sinti und Roma musste erst daran erinnern.

Dass nicht jeder Verkehrsplaner über alle Außenkommandos und jedes Denkmal Bescheid weiß, mag sein. Von Konzentrationslagern und vom Massenmord an den Sinti und Roma sollte er aber gehört haben. Dies müsste genügen, um nach einem konkreten Hinweis unverzüglich einzulenken.

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