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Frischer Wind dank Jane Fonda

Bei den kroatischen Parlamentswahlen könnte ein Linksbündnis in den Sabor einziehen

  • Felix Jaitner
  • Lesedauer: 3 Min.

Das politische Establishment in Kroatien ist politisch traditionell rechts und transatlantisch. Doch vor den Parlamentswahlen am kommenden Sonntag weht plötzlich ein frischer Wind durch die politische Landschaft, nicht zuletzt dank US-amerikanischer Unterstützung: »Kroatien hat zum ersten Mal die Chance, eine grün-linke Koalition im Parlament zu haben«, sagt die Oscar-gekrönte US-Schauspielerin Jane Fonda in einem Wahlwerbespot der Wahlplattform Možemo! (Wir können!). Eindringlich blickt sie in die Kamera und ruft: »Stimmen Sie für Liste 3!«

Und in der Tat könnte mit Možemo! eine politische Kraft links der sozialdemokratischen SDP in den Sabor einziehen. Laut aktuellen Umfragen dürfte das Wahlbündnis mindestens zwei Abgeordnete in das Parlament (140 Sitze) entsenden. »Allerdings erwarten wir mindestens fünf Mandate«, kommentiert Spitzenkandidat Tomislav Tomašević die guten Umfrageergebnisse selbstbewusst.

Možemo! ist ein heterogenes Wahlbündnis aus linken, grünen und links-liberalen Kräften, das aus verschiedenen außerparlamentarischen Protestbewegungen, wie etwa gegen die Privatisierung öffentlicher Räume oder den Zagreber Studentenprotesten 2009, hervorgegangen ist. Dementsprechend verfügt die Koalition in zivilgesellschaftlichen Initiativen über großen Rückhalt und wird auch von Vertretern der serbischen Minderheit, LGBT-, Friedens- und Menschenrechtsaktivisten unterstützt.

Die Bewegungsnähe von Možemo! wird auch in dem Wahlprogramm deutlich: Als einzige Partei in Kroatien kritisiert das Bündnis die neoliberale Wirtschaftspolitik seit den 1990er Jahren und ihre verheerenden Folgen. Zudem grenzt sich Možemo! deutlich von aggressiven anti-serbischen Nationalismus und Homophobie ab und fordert eine gleichberechtigte Anerkennung aller ethnischen und sexuellen Minderheiten. Die starke zivilgesellschaftliche Verankerung und die guten Umfragewerte bieten linken Wählern erstmals seit 1990 eine reale linke Alternative zur Sozialdemokratie.

Die SDP ihrerseits setzt auf ein Wahlbündnis mit verschiedenen linksliberalen Parteien (Restart). Damit liegt sie zwar nach Umfragen mit 60 Sitzen vorne, führt aber - genau wie ihre deutsche Schwesternpartei - den seit Jahren eingeschlagenen Rechtskurs ungebremst fort. Erfolgreich war diese Strategie bisher nicht. Nur zwei Mal gelang es der SDP in den vergangenen 30 Jahren die Regierung zu übernehmen, zuletzt von 2011 bis 2015. Doch seit dem Sieg des ehemaligen Ministerpräsidenten Zoran Milanović Anfang Januar bei den Präsidentschaftswahlen sehen viele führende Parteimitglieder gute Chancen auf einen Regierungswechsel. Dabei ist der Wahlerfolg Milanovićs auch auf die Spaltung im rechten Lager zurückzuführen.

Seitdem Kroatien aus jugoslawischen Zerfallskriegen als unabhängiger Staat hervorging, dominiert die national-konservative Kroatische Demokratische Union (HDZ) Staat und Politik. Zwar sehen sie aktuelle Umfragen mit 54 Sitzen hinter dem SDP-geführten Wahlbündnis, dennoch gibt sich Ministerpräsident und HDZ-Parteivorsitzender Andrej Plenković zuversichtlich: »Wir erwarten, dass es ähnlich wie 2016 wird. Auch damals gab es Umfragen, die die Linkskoalition vor uns gesehen haben, aber wir haben gewonnen.« Drittstärkste Kraft mit 18 Sitzen dürfte die nationalistische Heimatbewegung (Domovinski Pokret) - ein Bündnis verschiedener Rechtsparteien - um Miroslav Škoro werden. Der reich dekorierte Rockmusiker saß einst für die HDZ im Parlament, verließ die Partei jedoch 2008 und kandidierte bei den vergangenen Präsidentschaftswahlen als Kandidat der Rechten gegen die konservative Kolinda Grabar-Kitarović. Unterstützung erhielt er damals auch aus dem Lager enttäuschter HDZ-Wähler.

Trotz des sich abzeichnenden Parlamentseinzugs von Možemo! dürfte es weiterhin eine rechte Mehrheit geben, denn weder die HDZ noch Škoro schließen eine Koalition aus. Langfristig könnte das linke Wahlbündnis aber die fest zementierten politischen Machtverhältnisse in Kroatien aufbrechen, denn kritische Alternativen zum Neoliberalismus und Nationalismus suchte man bisher vergeblich.

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