Bund in der Verantwortung
Jana Frielinghaus über das Urteil zum Mietenstopp-Volksbegehren
Bürgerliches Recht ist das eine, der Zugang zum Menschenrecht auf eine bezahlbare Bleibe das andere. Bayerns Hauptstadt ist seit Jahrzehnten Spitzenreiterin bei den Kosten für das Dach überm Kopf, und mittlerweile können sich auch Menschen mit relativ gut entlohnten Jobs im öffentlichen Dienst keine Wohnung in der Innenstadt mehr leisten. Die Folge: Auch im immer größer werdenden Speckgürtel Münchens explodieren die Mieten. Das Volksbegehren, dessen Initiatoren sechs Jahre Mietenstopp im Freistaat fordern, war also aus der Not geboren. Wäre es für zulässig erklärt worden, hätte es auch nur eine Atempause, einen zeitlich begrenzten Stopp der schlimmsten Exzesse der nimmersatten Spekulantenblase bedeutet.
Im Rechtsstaat Bundesrepublik aber ist nicht einmal so etwas möglich, wie das Bayerische Verfassungsgericht nun klargestellt hat. Das Volksbegehren greife in das im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelte Vertragsrecht ein, mithin seien Eingriffe auf Landesebene nicht möglich. Zudem sei der Bund schon tätig geworden: mit der Einführung der Mietpreisbremse. Die krankt daran, dass ihre Realisierung wiederum Ländersache ist und dass sie für viele Bereiche des Marktes nicht gilt. Daran, dass die Mieten folgerichtig munter weiter steigen, sind aber nach Meinung der Bau- und Immobilienbranche die Politik, das komplizierte Baurecht und die Bürokratie schuld. Da ist sogar was dran. Doch das Grundproblem sind jahrzehntelange Privatisierungen Hunderttausender Wohnungen im öffentlichen Eigentum. Das lässt sich unter den geltenden gesellschaftlichen Bedingungen nur zu immensen Kosten zurückdrehen. Insofern ist derzeit eine parteiübergreifende Initiative für einen Mietenstopp auf Bundesebene die einzige Möglichkeit, die Situation in den von Zuzug geprägten Metropolen wenigstens etwas zu entschärfen.
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