Richter wurden zu niedrig bezahlt

Verbände fordern vom Land, die gesamte Beamtenbesoldung neu aufzustellen

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Das Land Berlin hat einen Teil seiner Richter und Staatsanwälte jahrelang in verfassungswidriger Weise zu schlecht bezahlt. Ihre Bezüge seien in bestimmten Besoldungsgruppen zu niedrig und nicht mit dem Grundgesetz vereinbar gewesen, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss.

Das Land muss nun nachbessern und teilweise nachzahlen - zumindest an diejenigen Betroffenen, die sich gegen die nun auch höchstrichterlich beanstandete Besoldung beizeiten gewehrt hatten.

Konkret geht es um die Gruppen R1 und R2 in den Jahren 2009 bis 2015 und um die Gruppe R3 im Jahr 2015. Gegen die darin geregelte Besoldung hatten sich unter anderem ein Richter sowie ein Vorsitzender Richter am Landgericht gewehrt. Ihre Widersprüche und Klagen waren erfolglos geblieben - bis das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ihnen beisprang und die Frage schließlich dem obersten deutschen Gericht vorlegte. Das Land Berlin muss nun spätestens mit Wirkung vom 1. Juli 2021 an eine verfassungskonforme Regelung treffen.

Zur konkreten Vorstellung: Laut Gehaltstabelle für den Öffentlichen Dienst des Landes Berlin lag der Brutto-Verdienst der Gruppe R1 im Jahr 2008 zwischen 3093,94 Euro und 5043,02 Euro und im Jahr 2015 zwischen 3783,68 Euro und 5781,50 Euro. In der Besoldungsgruppe R3 geht es um 6056,77 Euro (2008) und 6921,68 Euro im Jahr 2015.

Im Jahr 2015 hatte das Karlsruher Gericht bereits die Besoldung von Richtern und Staatsanwälten in Sachsen-Anhalt für verfassungswidrig erklärt. Dabei zogen die Richter mit Hilfe von fünf Kriterien gleich auch eine rote Linie, an der sich ein Bundesland als Dienstherr für eine angemessene Bezahlung zu orientieren hat. Im vorliegenden Fall ergebe eine Gesamtschau dieser Parameter, »dass die gewährte Besoldung evident unzureichend war«, befanden die Richter. »Sie genügte nicht, um Richtern und Staatsanwälten einen nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung angemessenen Lebensunterhalt zu ermöglichen.«

Zu den Kriterien gehört unter anderem ein Vergleich der Richterbezüge mit der allgemeinen Lohnentwicklung, der Lohnentwicklung für Angestellte im öffentlichen Dienst und auch der Inflation sowie ein Quervergleich mit anderen Bundesländern. Die Richterbesoldung beruht auf der sogenannten Besoldungsordnung R und umfasst die Stufen R1 bis R10. Dabei gibt es teils erhebliche Unterschiede zwischen den Bundesländern. Klagen gegen die Besoldung beschäftigen Gerichte seit Jahren. Der Deutsche Richterbund forderte in der Vergangenheit immer wieder, zu einer bundesweit einheitlichen Regelung zurückzukehren, wie es sie bis 2006 gegeben hatte.

»Wir begrüßen die klarstellende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur Besoldung der Richterinnen und Richter von Berlin«, kommentierte die stellvertretende Vorsitzende des DGB-Bezirks Berlin-Brandenburg, Sonja Staack, die Entscheidung der Karlsruher Richter. Sie sieht es als besonders gravierend, dass der Mindestabstand der unteren Besoldungsgruppen nicht ausreichend gewesen sei zum Niveau der Grundsicherung. Nach den Berechnungen des Gerichtes sei in den Jahren 2009 bis 2015 die untere Nettobesoldung mindestens 24 Prozent hinter dem Grundsicherungsniveau zurückgeblieben. Dieser Verstoß gegen das Mindestabstandsgebot habe nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichtes Auswirkungen auf das gesamte Besoldungsgefüge, da schon der Ausgangspunkt für die weitere Besoldungsstaffelung fehlerhaft sei. »Wir erwarten vom Land Berlin, dass die gesamte Beamtenbesoldung auf den Prüfstand gestellt wird«, forderte Staack. dpa/nd

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