Proteststratege

  • Alexander Isele
  • Lesedauer: 2 Min.

Für seine Anhänger ist Benny Tai ein aufrechter Christ und Kämpfer für Demokratie, für seine Gegner ist der Hongkonger Juraprofessor ein Separatist. Die Universität Hongkong hat Tai nun seiner Professur enthoben und ihn entlassen, nachdem ein Gericht ihn im vergangenen Jahr zu einer 16-monatigen Haftstrafe verurteilt hatte. Tai wurde für schuldig befunden, als Mitorganisator der 79 Tage andauernden Besetzung des Regierungsviertels 2014, bekannt als Regenschirmproteste, eine Verschwörung zur öffentlichen Störung begangen zu haben.

Im August 2014 hatte Peking Pläne veröffentlicht, wonach die Hongkonger zukünftig ihren Regierungschef zwar selbst wählen dürfen, die Kandidaten aber von Peking ausgesucht würden. Für Tai der Anlass, politisch aktiv zu werden: »Bis dahin war ich nur ein Akademiker, der in seiner Komfortzone lebte.« Er half, dass die studentischen Proteste gegen die Pläne Pekings in der Besetzung mündeten. Seitdem ersinnt der 56-Jährige, der selbst an der Universität Hongkong studiert hat, Wahlstrategien der Pro-Demokratie-Opposition, etwa für die anstehende Parlamentswahl im August.

Tai, der nach drei Monaten Haft auf Bewährung entlassen wurde, stellt immer wieder Überlegungen über die Zukunft Chinas an. Vor zwei Jahren sagte er bei einer von Taiwan organisierten Konferenz, nach dem Ende der Diktatur in China könnten die Regionen und ethnischen Minderheiten sowie Hongkong über eine Unabhängigkeit abstimmen und sich mit China anschließend zu einem Staatenbund nach Vorbild der Europäische Union zusammentun. Die Universität Hongkong ließ damals verlauten, sie sei schockiert, könne aber nicht verhindern, dass Universitätsangehörige solch absurde Kommentare veröffentlichen. Nach seiner Entlassung nun sagte Tai, Universitätsangehörige seien nicht mehr von ihren Institutionen geschützt. Dies sei »das Ende der akademischen Freiheit« in Hongkong.

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