Kniefall auf Kufen

Die Protestwelle im US-Sport weitet sich aus: Auch die überwiegend weißen Eishockeyprofis der NHL solidarisieren sich

  • Thomas Lipinski, Edmonton
  • Lesedauer: 3 Min.

Eric Trump schwieg. Als die ersten NHL-Spieler in voller Montur auf die Knie gingen, war der Sohn des US-Präsidenten offenbar sprachlos. Auch die Liga, bei der er sich vor wenigen Tagen noch per Twitter für das Stehen während der Hymne bedankt hatte, war nach einigem Zögern dem Protest gegen Rassismus und Polizeigewalt beigetreten.

»Nicht jeder in diesem Land ist wirklich frei«, begründete Ryan Reaves von den Vegas Golden Knights, einer der wenigen schwarzen Spieler in der NHL, die Geste vor der Partie gegen die Dallas Stars in Edmonton. Der 33-Jährige, der neben der kanadischen auch die US-Staatsbürgerschaft besitzt, hatte die Aktion initiiert. Sein schwedischer Teamkollege Robin Lehner, der vor drei Jahren noch offensiv Donald Trump unterstützt hatte, schloss sich ebenso an wie die Dallas-Profis Tyler Seguin und Jason Dickinson. Sie reagierten damit auch auf die Kritik, dass die NHL im Gegensatz zu den Profiligen im Basketball, Football, Fußball und Baseball viel zu zögerlich sei. Bei den Vorbereitungsspielen nach der Corona-Zwangspause hatten sich die Teams lediglich bei den Hymnen vermischt, »um Einigkeit zu zeigen«. »Thank you @NHL Standing«, twitterte Trump junior prompt, geschmückt mit drei US-Flaggen.

Am Sonnabend zum offiziellen Restart kniete Matt Dumba von Minnesota Wild als erster NHL-Spieler, nachdem er in einer emotionalen Ansprache auf dem Eis größere Anstrengungen gegen Rassismus gefordert hatte - allerdings in Zivilkleidung und nur bei der US-Hymne, nicht jedoch bei der kanadischen. Als der Verteidiger mit philippinischen Wurzeln einen Tag später selbst spielte, erhob er die Faust bei beiden Hymnen - als Einziger.

»Wenn du einen deiner Brüder dies machen siehst, willst du ihn unterstützen«, sagte Reaves, »du willst ihn nicht da draußen alleine lassen.« Torhüter Lehner hatte dieselbe Idee: »Es ist eine symbolische Sache, wir müssen etwas verändern.« Seine eigene Einstellung hat der Schwede schon geändert: 2017 war er noch mit einem Trump-Aufkleber auf seinem Helm aufgefallen. »Das war ein Fehler. Den bereue ich jetzt, nachdem ich gesehen habe, wie spaltend alles ist«, sagte Lehner. »Es geht um Menschenrechte, nicht um Politik.« Seguin beteiligte sich, nachdem ihn Reaves beim Warmmachen angesprochen hatte. Der Kanadier, der bereits nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd bei Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt auf die Straße gegangen war, teilte seinem Team in der Kabine mit, was er vorhat. Dickinson schloss sich sofort an. »Mein Vater kommt aus St. Kitts, einer meiner Onkel ist schwarz«, sagte der Kanadier. »Es war eine einfache Entscheidung.«

Beide Klubs unterstützten ihre Spieler, doch die generelle Kritik an der Haltung der Liga verstummt nicht. »Egal, was sie tun oder sagen, es trifft bei mir auf taube Ohren«, erklärte San Joses Stürmer Evander Kane, der im Juni zusammen mit Dumba und fünf anderen Spielern die »Hockey Diversity Alliance« gegründet hat, weil die Liga keine Anstrengung unternimmt, die eigenen schwarzen Spieler zu unterstützen. Gut 95 Prozent der 700 NHL-Spieler sind weiß. SID/nd

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