Etwas mehr Mut!

Oliver Kern zum neuen Kölner Trikot

Ach, das ist mal wieder schwer: Schreibt man was über diesen lächerlichen Kölner Moschee-Trikot-Aufreger? Gibt man damit einem Rassisten eine Plattform? Oder läuft man der skandalisierenden »Bild«-Zeitung hinterher? Oder macht man unfreiwillig Werbung für das völlig überteuerte Trikot eines Fußball-Bundesligisten? Was soll’s, jetzt sind wir schon so weit, und aus der Sache ist doch sicher auch was Positives rauszuholen.

Der 1. FC Köln hat also ein neues Trikot. Darauf ist der Schattenriss einer fiktiven Kölner Skyline zu entdecken. Mit dabei ist auch der Umriss der Zentralmoschee, was ein Vereinsmitglied nun zum Austritt bewegte: Er könne sich schließlich »mit Moslems und Moscheen nicht identifizieren«. Der sarkastisch gemeinte Vorschlag, das Trikot auch noch in Rosa aufzulegen, machte seine politische Einstellung nur noch klarer. Der Fußballklub veröffentlichte das Schreiben mit dem Vermerk: »#effzeh-Charta nicht gelesen? Diese Kündigung bestätigen wir gern. Und danke für die Idee mit dem Trikot.« Genau die richtige Reaktion.

Das fanden auch die allermeisten Twitter-Nutzer, die auf die Vereinsnachricht reagierten. Dass die Moschee auf dem Trikot abgebildet ist, störte aber doch viele. Nicht unbedingt aus rassistischen Motiven, sondern weil das Gotteshaus von einer Gemeinde des türkisch-muslimischen Verbands Ditib betrieben wird, der selbst als intolerant gegenüber Fremden und Homosexuellen gilt und dem autoritär regierenden türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan nahesteht. Die Moschee auf dem Trikot stehe symbolisch für die große türkische Community in Köln, verteidigte sich der Fußballverein. Sie sei nun mal ein Teil der Kölner Skyline geworden, »unabhängig davon, wie man politisch zum Betreiber der Moschee steht«.

Genau hier verpasst der 1. FC Köln eine Chance. Ja, man kann, nein, man sollte in diesen Zeiten fürs Gemeinsame werben anstatt fürs Trennende. Aber wenn man schon auf die eigene inklusive Charta verweist, dann sollte man sich auch mutig von Ditibs Lehren distanzieren können, die dieser widersprechen. Und ja, das sollte man beim Thema Homophobie ebenso bei den Betreibern des katholischen Kölner Doms machen, der selbstredend auch zur Trikot-Skyline gehört.

Da der Verein auf die Kritik nur immer mit demselben vorgefertigten Statement antwortet, ist damit aber nicht mehr zu rechnen. Unterm Strich gewinnt der Klub auch so. Der bildliche Schritt auf die türkische Community zu kommt bei vielen gut an. Das Trikot wird sich jetzt noch besser verkaufen. Und den verlorenen Mitgliedsbeitrag bekommt der FC auch wieder rein: Ex-Bundesligaspieler Änis Ben-Hatira twitterte am Dienstag: »Ich hatte schon immer starke Sympathien für den FC! Ein Mitglied verloren, dafür ein neues dazugewonnen! Ab morgen Mitglied.« Der Verein hat es vielen recht gemacht. Jedoch bei Weitem nicht allen. Aber auch das ist meistens ziemlich schwer.

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