Giffey stärkt der Polizei extrem den Rücken

Bundesfamilienministerin zeigt sich in der Berliner Ausbildungsakademie, auch um sich für die SPD-Spitzenkandidatur fit zu machen

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Raus aus den schwarzen Limousinen, rein in die Polizeiakademie in der Ortslage Ruhleben in Berlin-Spandau. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey ist an diesem Donnerstagmorgen mit Innensenator Andreas Geisel (beide SPD) auf Stippvisite bei Berlins zukünftigen Polizistinnen und Polizisten. Der Tross der beiden Politiker mit Pressestab, Akademieleitung, Sicherheitsleuten und Journalistenanhang ist enorm groß. »Wie die Heuschrecken«, ätzt ein Teilnehmer eines Kurses von jungen Polizei-Azubis und Geflüchteten, deren Willkommensklasse von der externen Besuchergruppe für eine halbe Stunde geflutet wird.

Dass eine Bundesfamilienministerin sich um Berliner Polizeischüler kümmert, bedarf einer Erklärung. »Ich finde es sehr wichtig, dass wir mit der Polizei in einem sehr engen Dialog sind«, sagt Giffey bei einem Gespräch mit Ausbildern und ausgewählten Azubis. Angesichts der Debatten über rassistische Polizeigewalt und Rassismus in den Polizeibehörden will die Bundesministerin, die auch für Extremismusprävention und demokratisches Engagement zuständig ist, Position beziehen. »Die Polizei hat den Rückhalt von Politik und Gesellschaft«, sagt Giffey. Mit dem in dieser Woche vorgestellten Konzept gegen Extremismus (»nd« berichtete) sei Berlins Polizei bundesweit führend aufgestellt.

Für Giffey ist es entscheidend, »nicht die ganze Polizei unter Generalverdacht« zu stellen. Interessant ist, wie zentral die in der Wissenschaft stark umstrittene »Extremismustheorie« in den politischen Vorstellungen der SPD-Politikerin ist: »Wenn man sich für Sicherheit und Ordnung einsetzt, dann steht man in der Mitte.« Die Angriffe auf das Gemeinwesen kommen von den Rändern, sagt sie. Es sei nicht wichtig, woher der »Extremismus« komme, sondern dass er schade. Der Rechtsextremismus stehe gerade deshalb im Fokus der Bundesregierung, weil es eine starke Zunahme von Taten gebe.

Bei den jungen Polizeiauszubildenden kommt diese Weltsicht gut an. »Ich will dem deutschen Staat etwas zurückgeben«, sagt ein junger angehender Polizist, der das neunte Kind einer Familie mit palästinensischen Wurzeln ist. Angesichts der aktuellen Rassismusdebatte sei die Rückenstärkung durch die Politik sehr wichtig, findet der 21-Jährige. Als ein anderer Auszubildender kurz auf einen Lehrer zu sprechen kommt, »der uns die FDGO eingeprügelt hat«, also die freiheitliche demokratische Grundordnung des Grundgesetzes, geht ein kurzes Raunen durch die Reihen. Vor zwei Jahren stand die Polizeiakademie und die Ausbildung schwer in der Kritik; erst durch einen Personalwechsel in der Leitung der Akademie konnten seinerzeit die Missstände beseitigt werden.

Doch Giffey ist nicht nur wegen ihres Kampfes gegen »jeden Extremismus« gekommen und auch nicht nur, um sich von ihrem Parteifreund Andreas Geisel über seine Konzepte gegen extremistische Tendenzen bei der Polizei unterrichten zu lassen. Vielmehr läuft sich die Bundesfamilienministerin offensichtlich weiter warm, um Ende des Jahres zur Spitzenkandidatin der SPD für die Abgeordnetenhauswahl 2021 nominiert zu werden. »Berlin ist nun mal der Ort, an dem sich vieles wie ein Brennglas zeigt«, begründet Giffey die zahlreichen Auftritte in der Hauptstadt. Außerdem habe sie sich ganz klar bekannt, dass sie gemeinsam mit dem SPD-Fraktionsvorsitzenden im Abgeordnetenhaus, Raed Saleh, den Landesvorsitz übernehmen will, so Giffey. Und: »Ich werde darüber hinaus alles tun, um die Sozialdemokratie in Berlin wieder stärker zu machen.« Alles Weitere entscheide die Partei.

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