Ehrenpatriarch

Der ukrainisch-orthodoxe Ehrenpatriarch Filaret machte die Homo-Ehe für Corona verantwortlich. Nun hat ihn die Krankheit erwischt.

  • Denis Trubetskoy, Kiew
  • Lesedauer: 2 Min.

Nicht nur kämpfte Filaret Denyssenko seit Jahrzehnten für die Anerkennung der einst von ihm gegründeten Ukrainischen Orthodoxen Kirche des Kiewer Patriarchats (OKU) durch das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel. Der 91-jährige Ehrenpatriarch kämpft auch an vorderster Front gegen die Homo-Ehe. In diesem Frühjahr ging Denyssenko noch einen Schritt weiter: »Die Sündhaftigkeit der Menschheit ist der Hauptgrund für das Coronarivus«, meinte er im März im Interview mit dem ukrainischen Kanal 4.»Die Menschen verteidigen das Böse, welches sich dann ausbreitet. Ich meine in erster Linie die Homo-Ehe. Sie ist die Ursache von Corona. Das Gute ist das sicher nicht.« Nun hat Corona aber Filaret selbst erwischt. Vor einer Woche wurde er positiv getestet, mittlerweile wird sein Zustand als stabil bezeichnet, er hat dennoch eine ernst zu nehmende Lungenentzündung. Deswegen sind aus dem kirchlichen Umfeld Sorgen zu hören, weil Denyssenko zur Risikogruppe gehört. Der Umgang der ukrainischen Kirchen, die sich der Schließungen aufgrund der Quarantäne verweigerten und auch danach kaum auf die Hygieneregeln achteten, wurde mehrmals kritisiert.

Für Filaret persönlich ist es nicht das erste Mal, dass die bittere Realität ihn überholt. Anfang der 90er Jahre hatte er mit einem Skandal die Russisch-orthodoxe Kirche verlassen, um die Kirche des Kiewer Patriarchats zu gründen. Dafür wurde er von Moskau mit einer Verbannung bestraft, während seine eigens ausgerufene Kirche zuerst international nicht anerkannt wurde. Als dann die vereinte OKU entstand und schließlich von Konstantinopel anerkannte wurde, musste Filaret wegen seiner Verbannung draußen bleiben und die gewünschte Position des Oberhauptes an den Metropoliten Epiphanius abgeben. Seitdem kritisiert er die neue Kirche hart, obwohl er deren Ehrenpatriarch bleibt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal