»Big Brother Award« für die Groko

Negativpreis geht an Bundesregierung, zwei Länder und Tesla.

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Negativpreis »Big Brother Award« für Datenmissbrauch, Überwachung und Privatsphäreverletzungen geht 2020 an die Bundesregierung, zwei Bundesländer und den US-Autobauer Tesla. Dies ist der Jurybegründung zu entnehmen, die »nd« vor der Preisverleihung am Freitagabend vorlag.

Die Große Koalition aus CDU und SPD erhält demnach den ungeliebten Preis wegen ihrer rechtlichen und politischen Mitverantwortung für den völkerrechtswidrigen US-Drohnenkrieg, der über die US-Militärbasis Ramstein in der Pfalz abgewickelt wird, so die Begründung Jury. Von deutschem Boden aus würden damit bewaffnete Drohneneinsätze zur Ausforschung von Zielpersonen und zu illegalen Hinrichtungen im Nahen und Mittleren Osten gesteuert. Den Einsätzen würden regelmäßig unbeteiligte Zivilpersonen zum Opfer fallen. »Wir haben es letztlich mit einem Mordprogramm zutun«, heißt es in der Laudatio des Friedensaktivisten Rolf Gössner von der Internationalen Liga für Menschenrechte.

Der Datenschutzverein Digitalcourage verleiht den Preis in der Kategorie Digitalisierung an das Land Baden-Württemberg für die Entscheidung, wesentliche Dienste der digitalen Bildungsplattform des Landes von Microsoft betreiben zu lassen. Der Verein wirft der zuständigen Ministerin Susanne Eisenmann (CDU) vor, damit Daten und E-Mails von Lehrern und Schülern nicht nur an das US-Unternehmen zu liefern, sondern damit auch an die US-Geheimdienste. Warnungen von Datenschützern und ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) habe Eisenmann ignoriert, heißt es in der Begründung.

In der Kategorie Behörden und Verwaltung bekommt das Land Brandenburg den »Big Brother Award«, weil es dauerhaft Autokennzeichen gespeichert hat. Laut Laudatio archiviere das Bundesland seit Jahren Informationen zu Fahrzeugen in über 40 Millionen Datensätzen, obwohl das Bundesverfassungsgericht klare Grenzen gezogen habe.

In der Kategorie Mobilität erhält die US-Firma Tesla den Preis für die Überwachung der Fahrzeuginsassen und der Umgebung. »Der Autohersteller Tesla findet für seine Elektroautos viel Anerkennung. Für viele Reiche und Ökos haben die Autos Kultstatus«, so die Jury. Dass es sich dabei um Überwachungsanlagen auf vier Rädern handelt, spiele offenbar keine Rolle. »Die hippen Autos aus Kalifornien haben Sensoren für praktisch alles, was mit dem, in dem und um das Auto herum passiert.« Was mit den gesammelten Daten im Detail passiert, bleibe unklar.

Weitere Preise werden in den Kategorien Arbeitswelt und Geschichtsvergessenheit vergeben. Mit Agenturen

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