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Harter Dienstag für Pendler

Gewerkschaft will Nahverkehr in Berlin neun Stunden bestreiken - in Brandenburg satte 24 Stunden

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Ab drei Uhr früh geht am Dienstag in Berlin und Brandenburg fast nichts mehr im öffentlichen Nahverkehr. Die Gewerkschaft Verdi ruft auch in der Region zum Warnstreik auf, der Teil der bundesweiten Verhandlungen um den TV-N, den Tarifvertrag Nahverkehr, ist. In der Hauptstadt werden die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) bestreikt. Das betrifft alle U-Bahn- und Straßenbahnlinien und fast alle Buslinien. Nur die rund zehn Prozent Fahrleistung beim Bus, die von privaten Subunternehmern erbracht werden, sind von dem Streik nicht betroffen. Meist handelt es sich dabei allerdings um lokale Linien am Stadtrand mit 300er-Nummern und einige wenige innerstädtische Verbindungen wie den 140er.

Der Berliner Fahrgastverband IGEB fordert von der BVG, diese Busse auf Linien einzusetzen, die fernab von S- und Regionalbahnhöfen verkehren. Dabei geht es vor allem um große Wohnsiedlungen am Stadtrand. Denn der Eisenbahnverkehr ist vom Streik ausgenommen. »Das können wir bei etwas über drei Tagen Vorlauf nicht leisten«, sagt jedoch BVG-Sprecherin Petra Nelken zu »nd«. Es werde unterschätzt, was für eine gewaltige Organisation dafür nötig sei. »Das geht bei einem regulären Streik, wo wir drei, vier Wochen vorher Bescheid wissen«, so Nelken. Das war zuletzt 2008 der Fall. Auch wenn in Berlin der Warnstreik um 12 Uhr beendet werden soll, rechnet man bei der BVG damit, dass erst am Nachmittag gegen 15 oder 16 Uhr Bahnen und Busse wieder komplett im Takt sein werden.

Ganze 24 Stunden, also bis Mittwoch um drei Uhr morgens, wird in Brandenburg gestreikt. Betroffen sind die Verkehrsbetriebe in Potsdam, Cottbus, Frankfurt/Oder, Brandenburg an der Havel sowie die Verkehrsunternehmen der Landkreise und die Busverkehre von DB Regio.

»Uns ist klar, dass der Streik für die Fahrgäste viele Unannehmlichkeiten mit sich bringen wird, aber auf die unverständliche Blockadehaltung der Arbeitgeber können wir nur mit einem Streik reagieren«, erklärte Jeremy Arndt, Fachbereichsleiter Verkehr im Verdi-Landesbezirk Berlin-Brandenburg. Die Gewerkschaft fordert in dem Tarifkonflikt für bundesweit 87 000 Beschäftigte einheitliche Regelungen in Fragen wie Nachwuchsförderung, Entlastung sowie den Ausgleich von Überstunden und Zulagen für Schichtdienste. Ziel der Gewerkschaft ist es, die Ungleichbehandlung der Bundesländer zu beenden. Seit Einführung des TV-N im Jahr 2005 wurde für jedes Land einzeln verhandelt. Nun fordert Verdi einen bundesweit einheitlichen Rahmen. Die Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände hat sich gegen die Aufnahme von Verhandlungen ausgesprochen.

Am Freitag hatte nach Bekanntwerden der Warnstreiks der Kommunale Arbeitgeberverband (KAV) Berlin laufende Verhandlungen mit Verdi unterbrochen. »Wir haben kein Verständnis für diesen Warnstreik. Erst im letzten Jahr hat es für alle Beschäftigten der BVG Einkommensverbesserungen in einem jährlichen Volumen von 102 Millionen Euro gegeben«, erklärte Anke Stier, Geschäftsführerin des KAV Berlin. In der Corona-Pandemie bedeute ein solcher Streik »ein unnötiges Gesundheitsrisiko für die Fahrgäste«.

»Die Arbeitgeber sorgen mit ihrer ablehnenden Haltung dafür, dass eine erfolgreiche Verkehrswende verhindert wird«, sagte Jeremy Arndt. Für die rund 3500 Brandenburger Beschäftigten fordert Verdi eine möglichst schnelle Angleichung der Bezahlung an Berliner Niveau. Für die rund 14 500 Beschäftigten der BVG soll die Wochenarbeitszeit einheitlich 36,5 Stunden betragen - bei vollem Lohnausgleich.

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