Sieg, Niederlage und eine Zusage

Champions League: RB gewinnt, der BVB verliert und die Bayern durften trotz Coronafall spielen

  • Thomas Nowag, Rom und Nikolaj Stobbe, Leipzig
  • Lesedauer: 3 Min.

Lucien Favre ist normalerweise in allen wilden Fahrwassern des Lebens ein sehr besonnener Mann. Dieser desolate und rätselhaft wehrlose Auftritt am Dienstagabend ließ aber auch den Trainer von Borussia Dortmund aus der Haut fahren. »Wir waren gar nicht da«, schimpfte Favre nach dem 1:3 (0:2) des BVB zum Auftakt der Champions League bei Lazio Rom, bevor es gegen Mitternacht mit Polizeieskorte zum Flughafen ging: »Zu verteidigen, zu laufen, das hat gefehlt. Das war schlecht. Viele waren nicht gut.«

Ganz anders, nämlich sehr viel besser, war die Stimmung in Leipzig. RB-Trainer Julian Nagelsmann strich dem kleinen Angelino mit beiden Händen liebevoll über die Glatze und grinste etwas schelmisch. Er bedankte sich nach dem 2:0 (2:0) gegen Istanbul Basaksehir auf besondere Art bei dem doppelten Torschützen. Der Spanier hatte Leipzig in der Hammergruppe H, in der Manchester United das Parallelspiel mit 2:1 (1:0) bei Paris Saint-Germain gewann, nicht nur den wichtigen Sieg zum Start gesichert, er zeigte auch ungeahnte Stürmerqualitäten.

Erleichtert waren sie auch in München. Nachdem am Dienstag ein positiver Test auf das Coronavirus bei Offensivspieler Serge Gnabry öffentlich gemacht wurde, erlaubte die Uefa am Mittwoch nach ausreichend neuen negativen Testergebnissen des Teams den Anpfiff zum Duell des FC Bayern mit Atlético Madrid am Abend. Dafür müssen laut Corona-Protokoll der Uefa mindestens 13 Spieler einschließlich eines Torhüters zur Verfügung stehen. »Das Spiel läuft wie geplant ab«, teilte ein Sprecher des europäischen Fußballverbandes am Nachmittag mit.

Ernüchtert hingegen ist der BVB nach dem ersten internationalen Härtetest - und das in der Woche vor dem Revierderby gegen Schalke 04 am kommenden Sonnabend. »Wenn wir uns so anstellen, dann wird’s nichts werden. Das wird ein ganz anderer Fight«, sagte Lizenzspielerchef Sebastian Kehl. Spieler außer Form, keinerlei Wucht in den Zweikämpfen, zögerliches, viel zu zahmes Auftreten: Die Hochtalentierten wurden von Lazio und dem einstigen Dortmunder Transferflop Ciro Immobile, der nach fünf Jahren süße Rache nahm, abgekocht. »So darf man sich nicht präsentieren«, urteilte Kehl, »das war richtig desolat.« Wie nach dem 0:2 beim FC Augsburg hatten die Dortmunder Verantwortlichen schon zum zweiten Mal in der noch jungen Saison keine wirkliche Erklärung für solch einen Leistungseinbruch. Es ist diese Art von titelverhindernden Niederlagen, die den BVB seit Jahren heimsuchen - gegen physisch starke Teams, die entschlossen spielen. »Wir haben alles vermissen lassen«, urteilte Marco Reus vor dem Heimflug frustriert. Die alljährlich aufflammende Mentalitätsdebatte lugt bereits um die Ecke.

Davon kann in Leipzig keine Rede sein. Vor allem der 1,71 Meter kleine Wirbelwind Angelino spielte groß auf und verzückte Fans und Trainer gleichermaßen. »Er verkörpert einen Spieler, den ich liebe, weil er in der Lage ist, mehrere Positionen zu spielen«, sagte Nagelsmann. Der Leihspieler von Manchester City war zuletzt schon in der Bundesliga mit zwei Kopfballtoren aufgefallen. Ihn zeichne eine besondere Mentalität aus, meinte Nagelsmann: »Das ist ein Spieler, der immer gewinnen will, wie so ein Spielkind.« Angelino profitierte davon, dass er weiter vorne spielte. »Daran haben wir viel gearbeitet«, sagte der Linksfuß. Beim 1:0 legte er sich den Ball selbst mit der Hacke vor und schloss aus der Drehung ab. »Das geht Richtung Weltklasse«, schwärmte Nagelsmann.

Für Teamkollege Yussuf Poulsen gilt Angelino zwar noch nicht als Mittelstürmer, »aber als Außenstürmer schon«, sagte der Däne. Angeblich soll für den so flexiblen Fußballer eine Kaufverpflichtung nach zwölf Einsätzen greifen. »Es gibt die Möglichkeit, dass er länger bei uns bleibt«, deutete auch Leipzigs Sportdirektor Markus Krösche an. Für den nächsten Auftritt bei Manchester United forderte Nagelsmann dann aber auch eine nochmalige Steigerung. Die ist bei den Dortmundern erst gegen Schalke und dann Zenit St. Petersburg unerlässlich.SID/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal