Bund will Kontakte auf »absolut nötiges Minimum« beschränken

Der Newsblog zur Coronakrise - Mittwoch, 28. Oktober 2020: +++ Weitreichende Maßnahmen für November geplant +++ Linken-Fraktionsvorsitzende fordert mehr parlamentarische Mitbestimmung +++

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Berlin. Zur Bekämpfung der Corona-Pandemie müssen sich die Bürger im November erneut auf weitreichende Einschnitte gefasst machen. Die Menschen sollten ihre privaten Kontakte auf ein »absolut nötiges Minimum« reduzieren, heißt es in einer Beschlussvorlage des Bundes für die Beratungen mit den Ländern am Mittwochnachmittag, die der Nachrichtenagentur AFP vorliegt. Das Papier sieht auch vor, touristische Übernachtungen im Inland zu untersagen und Freizeiteinrichtungen wie Theater, Opern, Kinos, Schwimmbäder und Fitnessstudios zu schließen.

Der Aufenthalt in der Öffentlichkeit soll nur noch »mit den Angehörigen des eigenen und eines weiteren Hausstandes gestattet« sein. »Dies gilt verbindlich und Verstöße gegen diese Kontaktbeschränkungen werden entsprechend von den Ordnungsbehörden sanktioniert.« Darüber hinausgehende »Gruppen feiernder Menschen« auf öffentlichen Plätzen, in Wohnungen sowie privaten Einrichtungen seien angesichts der ernsten Lage »inakzeptabel«.

Die Bürger sollen demnach auch aufgefordert werden, generell auf private Reisen und Besuche zu verzichten. Dies gelte auch für Verwandte.

Bars, Klubs, Diskotheken, Kneipen werden den Plänen zufolge ebenfalls geschlossen. »Davon ausgenommen ist die Lieferung und Abholung mitnahmefähiger Speisen für den Verzehr zu Hause.« Auch Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoostudios und Bordelle müssen schließen. Einzelhandel, Schulen und Kitas bleiben offen, sollen aber zusätzliche Hygienemaßnahmen ergreifen.

Von den Schließungen betroffene Firmen und Einrichtungen sollen eine »Nothilfe« des Bundes erhalten. Bereits bestehende Unterstützungsmaßnahmen sollen zudem verlängert werden. Alle Unternehmen, die weiterhin arbeiten können und dürfen, werden »eindringlich« aufgefordert, Heimarbeit zu ermöglichen, »wo immer dies umsetzbar ist«.

Zur Begründung der neuen Maßnahmen wird angeführt, dass die Zahl der Corona-Infektionen »inzwischen in nahezu allen Regionen Deutschlands mit exponentieller Dynamik« ansteige. Viele Gesundheitsämter könnten keine vollständige Kontaktnachverfolgung mehr gewährleisten, was wiederum zu »einer beschleunigten Ausbreitung des Virus« beitrage.

Deshalb sei es nun erforderlich, »durch eine erhebliche Reduzierung der Kontakte in der Bevölkerung insgesamt das Infektionsgeschehen aufzuhalten«. Die Zahl der Neuinfektionen müsse »wieder in die nachverfolgbare Größenordnung von unter 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche« gesenkt werden.

»Ziel von Bund und Ländern ist es, zügig die Infektionsdynamik zu unterbrechen, damit in der Weihnachtszeit keine weitreichenden Beschränkungen im Hinblick auf persönliche Kontakte und wirtschaftliche Tätigkeit erforderlich sind«, heißt es weiter. »Familien und Freunde sollen sich auch unter Corona-Bedingungen in der Weihnachtszeit treffen können. Dazu bedarf es jetzt erneut, wie schon im Frühjahr, einer gemeinsamen Anstrengung.«

Alle vorgeschlagenen Maßnahmen sollen am 4. November in Kraft treten und bis Ende November gelten, also rund vier Wochen lang. Nach zwei Wochen sollen Bund und Länder erneut beraten und »notwendige Anpassungen« vornehmen.

+++ Die Linken-Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali kritisiert fehlende parlamentarische Mitbestimmung +++

Die Ko-Fraktionschefin der Linken hat vor den Bund-Länder-Beratungen am Mittwoch bei Corona-Beschlüssen einen stärkeren Einbezug der Parlamente, insbesondere der Bundestages gefordert. Es brauche ebenso eine Debatte über »massive Grundrechtseinschränkungen«. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder dürften nicht weiter eigenständig entscheiden, sagte sie im ARD-»Morgenmagazin«.

»Ich weiß, das Infektionsgeschehen ist dramatisch, es muss schnell gehandelt werden«, sagte Mohamed Ali. Dennoch sei eine breitere Debatte möglich. Entscheidungen über Corona-Gegenmaßnahmen müssten transparent und nachvollziehbar sein.

+++ RKI-Seite offenbar Opfer von Hackerattacke - Hintergründe bislang unklar +++

Die Internetseite des Robert-Koch-Instituts (RKI) ist einem Bericht des »Spiegel« zufolge Ziel eines Cyberangriffs geworden. Am vergangenen Donnerstagvormittag war die Seite für etwa zwei Stunden nicht erreichbar gewesen. Grund sei eine sogenannte DDoS-Attacke gewesen, berichtete das Magazin am Mittwoch. Dabei wird eine Internetseite so lange künstlich mit Anfragen bombardiert wird, bis sie zusammenbricht.

Der Angriff sei mit Hilfe von sogenannten Bot-Netzen, also zusammengeschalteten gekaperten Computern, verstärkt worden, berichtete der »Spiegel« weiter. Dies habe ein Sprecher des Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund) bestätigt. Die Internetseite des RKI wird demnach wie andere digitale Dienste des Bundes über die Server des IT-Dienstleisters ITZBund betrieben.

»Der Angriff ist durch eine gezielte 'Verschärfung' der Sicherheitsmechanismen für die Webseite abgewehrt worden«, zitierte der »Spiegel« den ITZBund-Sprecher. Noch am 22. Oktober seien zusätzliche Schutzmaßnahmen ergriffen worden, um einen Ausfall der RKI-Website durch ähnliche Angriffe in Zukunft zu verhindern. Daten sollen nicht abgeflossen sein.

Wer hinter der Attacke steckt, sei bisher nicht bekannt. Dies werde noch untersucht, heißt es laut »Spiegel« beim ITZBund. Agenturen/nd

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