Keine Übersicherung bei freiwilligem Angebot einer Bürgschaft

Mietrechtsurteile

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Die Bürgschaftserklärung ist dann nicht gemäß § 551 Abs. 4 BGB unwirksam. Dies hat das Amtsgericht Brandenburg entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte die Mieterin einer Wohnung in Brandenburg ihre Miete seit Mai 2019 nicht mehr gezahlt. Da sich zwei Bürgen zum Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses bereit erklärt haben, für sämtliche aus dem Mietverhältnis entstehende Verpflichtungen einzustehen, nahm die Vermieterin die Bürgen auf Zahlung der ausstehenden Miete in Anspruch. Die Bürgen hielten ihre Bürgschaft für unwirksam. Sie verweisen darauf, dass bereits eine Mietsicherheit geleistet wurde und insofern eine Übersicherung vorliege.

Das Amtsgericht Brandenburg (Urteil vom 28. August 2020, Az. 31 C 231/19) entschied zu Gunsten der Vermieterin. Ihr stehe gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung der ausstehenden Miete zu. Die Beklagten haften aus § 765 Abs. 1 BGB. Die Bürgschaften seien nicht wegen Übersicherung unwirksam. Der Schutzbereich des § 551 BGB sei hier nicht betroffen.

Zwar dürfe ein Vermieter den Abschluss eines Mietvertrags über Wohnraum nicht davon abhängig machen, so das Amtsgericht, dass ein Mieter neben einer Mietkaution zusätzlich auch noch eine Bürgschaft für alle Ansprüche aus dem Mietverhältnis stellt. So lag der Fall aber nicht.

Die Beklagten haben der Klägerin unaufgefordert eine Bürgschaft für die Mieterin zugesagt. Es widerspreche nicht dem Schutzzweck des § 551 BGB, wenn Dritte für den Mieter von sich aus einem Vermieter eine Bürgschaft für den Fall eines Vertragsabschlusses zusagen. Dies gelte zumindest dann, wenn mit der Bürgschaft erkennbar keine besonderen Belastungen für den Mieter verbunden sind.

Anspruch des Mieters auf Kautionsrückzahlung unterliegt nicht dem Pfändungsschutz

Der Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters gehört nicht zu den sonstigen selbst erwirtschafteten Einkünften und unterliegt damit nicht dem Pfändungsschutz nach § 850 i ZPO.

Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. In dem zugrunde liegenden Fall musste der BGH (Beschluss vom 21. Februar 2019, Az. IX ZB 7/17) über die Pfändbarkeit eines Mietkautionsrückzahlungsanspruch einer verschuldeten Wohnungsmieterin entscheiden. Das Landgericht Hamburg hatte anders als das Amtsgericht Hamburg entschieden, dass das Guthaben in Höhe von etwa 980 Euro dem Pfändungsschutz des § 850 i ZPIO unterliege.

Der BGH war der Ansicht, dass das Mietkautionsguthaben nicht dem Pfändungsschutz des § 850 i ZPO unterfalle. Die Vorschrift sei auf die Kautionsrückzahlung nicht anwendbar. Es handele sich um keine von der Mieterin erwirtschaftete Leistung des Vermieters, sondern um die Rückgewähr einer zuvor erbrachten Mietsicherheit.

Vermieter muss zeitnah nach Vertragsverstößen Kündigung aussprechen

Ein Vermieter ist nicht berechtigt, eine außerordentliche und ordentliche Kündigung auf verspätete Mietzahlungen zu stützen, wenn diese mehr als eineinhalb Jahre zurückliegen.

Bei Vertragsverstößen muss die Kündigung zeitnah ausgesprochen werden. Dies hat das Landgericht Leipzig (Urteil vom 12. Mai 2020, Az. 02 S 401/19) entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2017 hatte ein Wohnungsmieter in Leipzig teilweise seine Miete verspätet gezahlt. Im Februar 2019 nahm dies der Vermieter zum Anlass eine außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung auszusprechen. Da sich der Mieter weigerte die Kündigung anzuerkennen, erhob der Vermieter Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung. Das Amtsgericht Leipzig wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung des Vermieters.

Das Landgericht Leipzig bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts Leipzig (Urteil vom 11. Oktober 2019, Az. 167 C 2327/19). Dem Vermieter stehe kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung zu. Denn die außerordentliche und ordentliche Kündigung seien unwirksam gewesen. Die Tatsache, dass es im Jahr 2017 zu verspäteten Mietzahlungen kam, rechtfertige nicht den Ausspruch der Kündigung im Februar 2019. Mehr als eineinhalb Jahre nach den verspäteten Zahlungen könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter unzumutbar sei.

Zwar könne eine wiederholte unpünktliche Mietzahlung Grund für eine Kündigung sein, so das Landgericht. Diese müsse aber zeitnah zu den Vertragsverstößen erfolgen. Bereits der Zeitablauf zwischen unpünktlicher Mietzahlung und Ausspruch der Kündigung zeige, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter offensichtlich nicht unzumutbar war. kostenlose-urteile.de/nd

Meckern verboten?

Ein Hauseigentümer hatte Mietern gekündigt, die sich mit Kritik an der Nebenkostenabrechnung an ihre Mitmieter wandten.

Die Nebenkostenabrechnung des Vermieters für 2017/2018 war wesentlich höher ausgefallen als im vorhergegangenen Abrechnungszeitraum. Das kritisierte ein Euskirchener Ehepaar in einem Schreiben an die Mitmieter: Die Reinigungskosten seien um über 200 Prozent gestiegen, rechneten die Mieter vor, das sei »Wucher«. Darauf sollte man den Vermieter mal aufmerksam machen, meinten sie.

Das sei »üble Nachrede« und beleidigend, fand der Vermieter. Er kündigte den Mietern fristlos, weil sie die anderen Mieter aufwiegelten und Unfrieden im Mietshaus stifteten.

Davon könne hier keine Rede sein, entschied dagegen das Amtsgericht Euskirchen (Entscheidung vom 16. Januar 2020, Az. 33 C 63/19). Es erklärte die Kündigung für unwirksam.

Mieter dürften sich mit der Betriebskostenabrechnung kritisch auseinandersetzen - vor allem dann, wenn die Kosten plötzlich explodierten. Vermieter könnten nicht erwarten, dass Abrechnungen prinzipiell widerspruchslos akzeptiert werden.

In Mehrfamilienhäusern müssten sie auch damit rechnen, dass sich die Mieter zusammenschließen, um Konflikte im Zusammenhang mit dem Mietvertrag zu klären.

Alles in allem habe sich das Ehepaar sachlich mit der Nebenkostenabrechnung befasst. In dem Schreiben finde sich keine reißerische oder beleidigende Bemerkung über den Vermieter. Den Begriff »Wucher« zu verwenden, verletze die Pflichten aus dem Mietvertrag nicht.

Da den Mietern weder Vertragsverletzung noch nachhaltige Störung des Hausfriedens vorzuwerfen sei, dürfe der Vermieter das Mietverhältnis nicht kündigen. OnlineUrteile.de

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