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  • Gleichstellung im Wintersport

Mann springt, Frau schaut zu

Die Sportlerinnen werden an der Schanze und in der Kombination weiterhin ausgebremst

  • Patrick Reichardt, Hinterzarten
  • Lesedauer: 3 Min.

Svenja Würth geht es gerade wie Millionen anderen Deutschen im Teil-Lockdown. Sie kann am Wochenende den Fernseher einschalten und sehen, wie Skispringer Markus Eisenbichler in Polen gewinnt oder Kombinierer Eric Frenzel in Finnland zurück aufs Podest läuft. Würth kennt beide Topsportler persönlich, sie ist selbst Skispringerin und Kombiniererin. Von ihrem Trainer Andreas Bauer wird sie deshalb als »Pionierin« bezeichnet. Doch im bisherigen Winter sowie an diesem und am nächsten Wochenende bleibt der 27-Jährigen nichts anderes übrig, als im heimischen Sofasessel zu verharren.

Schleichende Entwicklung

»Es ist schade, wenn man daheim sieht, dass es im Fernsehen überall schon los geht und die Herren ihre Weltcups haben. Das ist einfach frustrierend«, sagte Würth. Für die Schwarzwälderin ist es ein ganz besonderer Winter: Sie strebt den Wechsel vom Spezialspringen in die Kombination an, wo von diesem Jahr an erstmals ein Weltcup ausgetragen werden soll. Zwei Stationen waren im Corona-Winter vorgesehen: Lillehammer und das estnische Otepää, beide wurden abgesagt. Immerhin kam in dieser Woche die Nachricht, dass am 18. und 19. Dezember Ramsau am Dachstein einspringt.

Die frohe Kunde über den Notweltcup in Österreich überdeckt aber nicht, wie stockend die Angliederung der Frauen an den Schanzen und Loipen noch immer läuft. Die Nordische Kombination erhält nun erstmals eine Weltcupserie und bekommt eine WM-Entscheidung, sie ist aber weiter nicht olympisch und hat einen Weltcupplan, der sich problemlos in wenigen Tagen durchführen lassen könnte.

»Der Weltcupkalender schaut noch bescheiden aus. Wir hoffen, dass es von Jahr zu Jahr mehr Wettkämpfe werden«, sagte Würth. Ein Weltcup und eine WM-Entscheidung sind zwar ein Fortschritt im Vergleich zu den vergangenen Jahren, doch geht es nach den Athletinnen, dürfte es ruhig mal etwas schneller gehen mit der Angliederung. »Schön wäre es, wenn wir eine Art Mixed-Team hätten. Das hat dem Skispringen der Frauen auch sehr geholfen«, macht Würth einen Vorschlag.

Neue Herausforderungen

Ihr Wechsel in die Kombination mit 27 Jahren ist ungewöhnlich. Zwar wird in der nordischen Sparte flexibel ausgebildet, spätestens im Erwachsenenbereich erfolgt dann aber die Spezialisierung. »Als Skispringer schränkt man sich ein, weil das Ausdauertraining auf Kosten der Explosivität geht«, schildert Bundestrainer Bauer. Im Training ist Würth nun in beiden Teams dabei: im gewohnten Umfeld mit den Sprungfrauen und mit den sehr jungen Kombiniererinnen, wo es statt Olympia und WM-Erfahrungen schon auch mal um die bevorstehende Führerscheinprüfung geht. »Das ist ein Geben und Nehmen«, sagt sie.

Während Würth in der Kombination auf mehr Weltcups hofft, arbeiten die Spezialspringerinnen noch immer auf einen Start bei der Vierschanzentournee hin. Diesen Winter klappt es nicht, nächsten wohl auch nicht. Dann vielleicht im darauffolgenden? Bundestrainer Bauer spricht von der »letzten Bastion, die wir in Angriff nehmen«. dpa/nd

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