Nicht einmal zur Hälfte Ökostrom

Anteil der Erneuerbaren am Verbrauch steigt durch Corona / Koalition mit Teileinigung bei EEG-Reform

46 Prozent des in Deutschland in diesem Jahr verbrauchten Stroms kommen von den erneuerbaren Energien. Dies teilten der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft und das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung Baden-Württemberg am Montag auf Grundlage vorläufiger Berechnungen mit. 2019 lag der Anteil von Strom aus Wind, Photovoltaik und Biomasse noch bei 42,5 Prozent.

Allerdings ist der Anstieg den Angaben zufolge nicht etwa auf einen starken Ausbau von Ökostromanlagen zurückzuführen, sondern vor allem auf den in der Coronakrise gesunkenen Stromverbrauch. Wegen des Vorrangs für die Erneuerbaren wurde weniger Strom aus fossilen Energiequellen in die Netze eingespeist. Das windreiche erste Quartal und viele Sonnenstunden ermöglichten zudem eine bessere Nutzung bestehender Anlagen.

Der Anstieg der Erneuerbaren kommt nach wie vor nicht recht voran, obwohl laut offiziellem Ziel der Bundesregierung der Ökostromanteil bis 2030 auf 65 Prozent steigen soll. Eine bereits ins Parlament eingebrachte Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes soll den dringend benötigten Schub bringen. Allerdings gab es über wichtige Details lange Streit in der schwarz-roten Koalition. Bremser, vor allem aus der Union, verweisen auf einen dann drohenden Anstieg der EEG-Umlage für Stromverbraucher und lokalen Widerstand von Bürgern gegen neue Windkraftanlagen, wovon die AfD profitiert.

Am Wochenende gab es nun eine Einigung der Fraktionen: Demnach sollen Gemeinden, in denen Windenergieanlagen gebaut werden, stärker an den Einnahmen beteiligt werden, um die Akzeptanz zu erhöhen. Ferner soll der Eigenverbrauch von selbst produziertem Solarstrom etwa auf dem Hausdach erleichtert werden, auch für Solaranlagen auf Mietshäusern sind Vereinfachungen geplant. Die Punkte sollen jetzt noch schnell in den Gesetzentwurf eingearbeitet werden, damit die EEG-Novelle noch in dieser Woche von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden und damit zum 1. Januar in Kraft treten kann. Dank einer Übergangslösung sollen zudem Onshorewindanlagen, die wegen ihres Alters eigentlich aus der Förderung herausfallen, länger in Betrieb bleiben, bevor sie ersetzt werden. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sprach von einer »wichtigen Verbesserung«. Der »Unsinn«, dass funktionierende Anlagen in großer Zahl vom Netz gehen müssen, »ist damit abgewendet«.

Noch keine Verständigung gibt es aber auf einen neuen Ausbaupfad für Ökostrom, der auch der jüngsten Verschärfung der EU-Klimaziele gerecht wird. Die Ausgestaltung soll nun im ersten Quartal 2021 in einer Gesetzesänderung erfolgen. Von »klimapolitisch vollkommen unzureichenden und unausgegorenen Formelkompromissen« sprach deshalb Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft. »Die Bundesregierung muss dringend nachbessern, ansonsten steuern wir weiterhin in hohem Tempo auf eine Klimaschutz- und Stromerzeugungslücke.« Mit Agenturen

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