Das EU-Mikado

Kurt Stenger über den Umgang mit der britischen Corona-Warnung

Am Ende des Corona-Jahres steht die EU da, wo sie beim ersten Lockdown schon mal stand und eigentlich nie wieder stehen wollte: Einzelne Länder schließen einseitig Grenzen, während die EU-Kommission um ein gemeinsames Vorgehen bittet und sich gegen pauschale Reiseverbote ausspricht.

Diesmal trifft es das bis Jahresende noch ein bisschen zur EU gehörende Großbritannien, wo Warnungen vor einer Mutation des Coronavirus laut wurden. Umso unverständlicher die Reaktionen der politischen Hardliner in zahlreichen EU-Staaten, darunter Deutschland. Anders als anderswo suchen Wissenschaftler in Großbritannien intensiv nach Virusmutationen, daher wäre Dank für die Warnung angemessen. Mit den Grenzschließungen, die selbst den lebenswichtigen Güterverkehr lahmgelegt haben, sendet man ein schlimmes Signal aus: Wer bei Corona genau hinsieht, wird bestraft. Es gilt das Mikado-Prinzip: Wer sich zuerst bewegt, hat verloren.

Fairerweise muss man aber auch sagen, dass sich die EU 2020 nach hartem Ringen doch zu Solidarität und Gemeinsamkeit durchgerungen hat, wie das riesige Konjunkturpaket deutlich macht. Und einige Länder lockern die Reiseverbote schon wieder. Doch in die DNA des zunehmend lockeren Staatenbundes scheint dies eingebrannt: In der Not macht jeder seins.

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